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BGH bestätigt Freispruch für Harry Wörz Justizdrama nach 13 Jahren beendet

Von Jochen Neumeyer 16.12.2010, 04:24

Karlsruhe (dpa). Nach einem jahrelangen Kampf um seine Freiheit ist der fälschlich verurteilte Harry Wörz nun endgültig rehabilitiert. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Freispruch für den 44-Jährigen gestern bestätigt. Wörz saß viereinhalb Jahre unschuldig in Haft. Ihm war vorgeworfen worden, er hätte im Jahr 1997 versucht, seine Frau zu töten. Nach einer Wiederaufnahme des Verfahrens hatte ihn das Landgericht Mannheim 2009 freigesprochen. Der Freispruch ist nun rechtskräftig.

"Das Landgericht Mannheim hatte Zweifel, dass Harry Wörz der Täter war. Und diesmal sind die Zweifel auch für den Senat nachvollziehbar vernünftig begründet", sagte der Vorsitzende Richter Armin Nack. Einen ersten Freispruch hatte der BGH 2006 aufgehoben.

Harry Wörz wirkte nach der Verkündung sichtlich erschöpft. "Das hat viel zu lange gedauert", sagte er. Dann las er eine vorbereitete Erklärung vor. "Man hat über 13 Jahre meines Lebens zerstört und meine Zukunft verbaut. Meine Gesundheit ist ruiniert und meine Fröhlichkeit schwindet." Wörz dankte allen, die ihn im Kampf um seine Freilassung und den Freispruch unterstützt hatten.

Der gelernte Installateur und Bauzeichner war 1998 zu elf Jahren Haft verurteilt worden, weil er versucht haben soll, seine damalige Frau zu erwürgen. Die Frau, die getrennt von ihm lebte, war in der Nacht vom 28. auf den 29. April 1997 von einem Mann besucht worden, den sie gekannt haben muss. Nach einem lautstarken Streit würgte der Täter die Frau mit einem Wollschal, bis sie bewusstlos war. Sie ist seit der Tat schwerbehindert und kann sich nicht mehr äußern.

Nachdem schwerwiegende Mängel bei den Ermittlungen bekannt worden waren, erreichte Wörz die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens. 2005 wurde er ein erstes Mal freigesprochen, doch der BGH ordnete eine Neuauflage des Prozesses an. Im Oktober 2009 sprach ihn das Landgericht Mannheim erneut frei.

Die Mannheimer Richter hatten nicht nur Mängel bei den Ermittlungen festgestellt.Sie führten auch starke Verdachtsmomente gegen den damaligen Geliebten der Frau auf, der auch als Täter infrage kommt. Gegen ihn wird weiter ermittelt.

Wörz kann nach Angaben seines Verteidigers Hubert Gorka nun eine Haftentschädigung in Höhe von 25 Euro pro Tag verlangen. Das wären bei mehr als viereinhalb Jahren Haft rund 41000 Euro. "Davon werden allerdings Kost und Logis abgezogen", so Gorka.