Gesellschaft Bericht: Sachsen-Anhalt fällt bei direkter Demokratie durch
In Sachsen-Anhalt kommt direkte Demokratie kaum voran. Selbst im Vergleich mit anderen ostdeutschen Bundesländern bleibt das Land deutlich zurück.

Magdeburg/Berlin - Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt haben vergleichsweise schlechte Möglichkeiten, sich per Bürgerbegehren oder Bürgerentscheid auf kommunaler Ebene an politischen Entscheidungen zu beteiligen. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Vereins „Mehr Demokratie“ hervor, der in Berlin veröffentlicht wurde. Für die rechtlichen Rahmenbedingungen vergibt der Verband an Sachsen-Anhalt die Schulnote 5+.
Viele Hürden, wenig Einfluss
Das Unterschriftenquorum für die Einreichung eines Bürgerbegehrens liegt zwar im bundesweiten Vergleich eher im unteren Bereich, doch insgesamt bleiben die Hürden hoch: Das erforderliche Zustimmungsquorum bei Bürgerentscheiden ist streng. Viele Themen – darunter die kommunale Bauleitplanung - diese sind laut Bericht faktisch vom Verfahren ausgeschlossen.
Insgesamt wurden in Sachsen-Anhalt seit Einführung der Instrumente im Jahr 1994 bislang 125 Bürgerbegehren und 152 Ratsreferenden registriert. Sie führten in 191 Fällen zu einem Bürgerentscheid. Besonders auffällig: Der Anteil von Ratsreferenden liegt weit über dem Bundesdurchschnitt. Hintergrund ist die frühere Gemeindegebietsreform, zu der viele kommunalpolitische Abstimmungen stattfanden.
Direkte Demokratie auf Sparflamme
Im vergangenen Jahr verzeichnete der Verband landesweit lediglich zwei neu gestartete Bürgerbegehren – und keinen einzigen von Kommunalparlamenten initiierten Bürgerentscheid. Ein einziges Verfahren mündete in eine Abstimmung.
Die Praxis der direkten Demokratie gilt damit auch im Vergleich zu anderen ostdeutschen Bundesländern als unterdurchschnittlich. In Brandenburg etwa kamen seit 1993 insgesamt 177 Bürgerentscheide zustande. In Thüringen wurden im gleichen Zeitraum 69 gezählt.
Insgesamt wurden bundesweit seit 1956 insgesamt 9.453 direktdemokratische Verfahren auf kommunaler Ebene dokumentiert, darunter mehr als 4.700 Bürgerentscheide. Besonders aktiv ist Bayern: Dort wurden allein im vergangenen Jahr 93 neue Verfahren gestartet – mehr als in jedem anderen Bundesland. Am seltensten werden Bürgerbegehren dagegen im Saarland genutzt – dort kommt es statistisch gesehen nur alle 290 Jahre zu einem Verfahren pro Gemeinde.
Mitbestimmung auch eine Frage der Kultur
Warum es zwischen den Bundesländern so große Unterschiede gibt, liegt laut Verband an den unterschiedlichen gesetzlichen Hürden – und daran, ob sich vor Ort eine Kultur direkter Mitbestimmung entwickelt hat.