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Spremberg Bürgermeisterin warnt vor zunehmendem Einfluss von Neonazis

Nazi-Parolen an Wänden, Lehrer und Schüler in Angst: In der kleinen Lausitz-Stadt Spremberg schlägt die Bürgermeisterin jetzt wegen des Auftretens der rechtsextremen Szene öffentlich Alarm.

Von Monika Wendel, dpa 18.07.2025, 15:50
In Spremberg haben nach den Worten der Bürgermeisterin rechtsextremistische Umtriebe zugenommen. (Symbolbild)
In Spremberg haben nach den Worten der Bürgermeisterin rechtsextremistische Umtriebe zugenommen. (Symbolbild) Patrick Pleul/dpa

Spremberg - Hakenkreuze und Aufkleber an Hausfassaden, verbotene Parolen, Schüler in Angst: Das Gedankengut der rechtsextremen Szene ist in der Lausitz-Stadt Spremberg zunehmend bemerkbar. Jetzt dürfe nicht länger darüber geschwiegen werden - auch wenn es dem Ansehen schade, sagt die parteilose Bürgermeisterin Christine Herntier. Sie wandte sich deshalb in einem Schreiben an die Bürger.

Die rechtsextremen Umtriebe hätten in Spremberg im Laufe des Jahres dramatisch zugenommen, sagt sie der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor berichtete der RBB darüber. Herntier ist besorgt: „Heute kleben sie Sticker, was machen sie morgen?“

Die Stadt mit knapp 22.000 Einwohnern, die sich auch „Perle der Lausitz“ nennt, liegt in einer Bergbau-Region. Die Lausitz steckt wegen des Abschieds von der Braunkohle bis 2038 im Wandel - es geht um die Energiewende, neue Unternehmensansiedlungen und Arbeitskräfte.

Rechtsextremistische Szene seit langem aktiv

Aber das Problem mit Rechtsextremismus ist in Spremberg nicht neu. Vor mehr als zehn Jahren wurden dort Attacken rechtsextremer Gewalttäter bekannt. Auch 2023 hatten Unbekannte einen Brandsatz gegen eine Regenbogenfahne geworfen, die am Glockenstuhl einer Kirche hing. 

Immer wieder verweisen Verfassungsschützer gerade in Südbrandenburg auf eine rechtsextremistische Szene. In jüngster Zeit hatten Angriffe etwa auf Jugendclubs für Unsicherheit in mehreren Orten gesorgt. In Burg im Spreewald hatten bereits 2023 eine Lehrerin und ein Lehrer geschildert, wie sie täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert sind. Sie verließen die Schule. Der Brandbrief damals hatte eine Debatte weit über Brandenburg hinaus ausgelöst.

Lorenz Blumenthaler, der sich bei der Amadeu Antonio Stiftung mit Rechtsextremismus befasst, sagt, in der Lausitz komme es seit vier, fünf Jahren zu einer rechtsextremen „Landnahme“. Rechtsextremisten träten offen auf und versuchten Verunsicherung zu schüren. „Es ist bewundernswert, dass die Bürgermeisterin so offen darüber spricht und den Konflikt auch nicht scheut“, sagt Blumenthal zum Schreiben von Herntier, das im Amtsblatt der Stadt veröffentlicht ist. 

Simson-Mopeds als Symbol für rechte Ideologie

Darin schreibt die parteilose Politikerin: „Wie kann es sein, dass die beliebte DDR-Marke Simson Suhl zum Symbol einer rückwärts gewandten, und zwar sehr weit zurück, Idee wird? (...) Wie kann es sein, dass Lehrer und Schüler aus beiden Oberschulen zu mir kommen, voller Wut und Angst, und mir Dinge erzählen, die ich nicht für möglich gehalten hatte.“ Zudem sei sie angefleht worden, „doch bloß nichts zu sagen“. Die rechtsextremen Umtriebe seien aber zu einer Bedrohung beworben. 

„Einen Mantel des Schweigens“ darüber zu breiten und so zu tun, als ob alles gut sei, das stärke mit Sicherheit diese Gruppierung, so Herntier. Die Bürgermeisterin nennt vor allem die Kleinstpartei Der Dritte Weg. Diese vertritt laut Verfassungsschutz ein rechtsextremistisches Staats- und Gesellschaftsbild. 

Sozialarbeiter kennt rechte Aktionen in sozialen Medien

Unverhohlen wird „Heil Hitler“ gerufen und der sogenannte White-Power-Gruß gezeigt, wie der Sozialarbeiter Benny Stobinski erzählt. Diese Handgeste wird in der rechtsextremen Szene verwendet und ist anders als der Hitlergruß nicht verboten. Die Bilder machten in sozialen Netzwerken die Runde. Mit Baseballschlägern ziehen sie bislang nicht durch die Straßen, wie Stobinski sagt. „Aber irgendwann kommt vielleicht der Punkt, und sie fangen an, sich Randgruppen rauszusuchen, die sie attackieren.“ 

Herntier: Das kann die Stadt nicht alleine lösen 

Was kann die Stadt nun tun? Es werde einen Sicherheitsdienst geben, deutet Bürgermeisterin Herntier an. Auch „neue Begegnungsräume“ wolle sie schaffen, ohne das Vorhaben genau zu benennen. Es sei noch in der Entwicklung, sagt sie. 

Das Problem könne sie als Bürgermeisterin aber nicht alleine angehen. „Das Schreiben richtet sich an viele“, sagt Herntier.  „Ich hoffe darauf, dass man erkennt, dass es nicht nur ein Thema von Spremberg ist, sondern ein Thema ist, das viel tiefer greift.“ Die Bürgermeisterin würde auch gerne Videokameras an Brennpunkten installieren, sieht sich aber nach eigenen Worten wegen des Datenschutzes ausgebremst. „Da muss einer Stadt geholfen werden durch Polizei und Verfassungsschutz.“