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Innere Sicherheit Drohnenalarm am Airport - Wie sicher sind unsere Flughäfen?

Wie reagieren Flughäfen auf Drohnensichtungen? Ein Luftverkehrs-Experte erklärt, warum die Gefahr wächst und welche Lücken es bei der Abwehr noch gibt.

Von Daniel Josling, dpa 10.10.2025, 04:30
Immer häufiger werden Drohnen im Umfeld von Flughäfen gesichtet (Archivbild)
Immer häufiger werden Drohnen im Umfeld von Flughäfen gesichtet (Archivbild) Marijan Murat/dpa

Leipzig/Halle - Immer wieder werden an deutschen Flughäfen Drohnen gesichtet, zuletzt musste in München der Flugverkehr zeitweise eingestellt werden. Auch an den ostdeutschen Airports Leipzig/Halle und Dresden häufen sich die Vorfälle. Elf Drohnen wurden nach Angaben der Deutschen Flugsicherung (DFS) in diesem Jahr dort bereits gesichtet - sechs davon allein in Leipzig. Doch wie gut sind die Flughäfen auf eine wachsende Bedrohung aus der Luft vorbereitet?

„Wir können uns nicht wirklich darauf vorbereiten, weil wir kein eigenes Detektionssystem haben“, sagt DFS-Sprecher Robert Ertler. Die Radarsysteme der Flugsicherung seien auf große Flugzeuge ausgelegt, nicht auf kleine Drohnen. „Die sind zu klein, haben zu wenig Abstrahlfläche. Wir sehen die tatsächlich nur, wenn Piloten sie melden oder wenn sie von der Bundespolizei entdeckt werden.“ 

Neue Einheiten gegen eine „unsichtbare“ Bedrohung

Die Flugsicherung kann solche Zwischenfälle nicht verhindern - sie kann nur reagieren. Was also tun gegen die wachsende Gefahr aus der Luft? Die Bundesregierung will das ändern und die Abwehr stärken. Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte am Mittwoch an, dass die Bundespolizei bis Jahresende eine eigene Drohnenabwehreinheit erhält. Außerdem soll ein gemeinsames Drohnenabwehrzentrum von Bund und Ländern entstehen, das die Zusammenarbeit von Polizei, Bundeswehr und Sicherheitsbehörden bündelt. Auch das neue Bundespolizeigesetz soll die Abwehr von Drohnen rechtlich absichern - und erstmals definieren, dass die Bundespolizei im Umfeld von Flughäfen oder Bahnhöfen auch aktiv Drohnen bekämpfen darf.

Während die Bundesregierung neue Strukturen zur Drohnenabwehr aufbaut, sieht der Dresdner Luftverkehrs-Experte Hartmut Fricke noch viele offene Flanken. Der Professor für Technologie und Logistik des Luftverkehrs an der TU Dresden erklärt im Gespräch, wo Deutschland steht - und wo es hapert.

Wie ernst ist die Drohnengefahr für unsere Flughäfen?

„Es gibt definitiv eine veränderte Sicherheitslage an Flughäfen.“ Fricke vermutet, dass derzeit gezielt getestet wird, wie Deutschland auf Drohnenvorfälle reagiert. „Ich denke, dass das Austesten der Möglichkeiten, wie wir mit Drohnen umgehen, seitens Russland aktuell läuft. Das ist meine feste Überzeugung.“ 

Zugleich betont er, dass auch andere Akteure solche Flüge durchführen könnten - von Nachahmern bis hin zu Unbeteiligten, die sich einfach an eine bestehende Aufregung anhängen. „Ob dann natürlich viele Trittbrettfahrer dabei sind die einfach sagen: "Wunderbar, da schließe ich mich einfach an", und alle vermuten, es kommt aus Russland - das ist natürlich nie ausgeschlossen“, sagt Fricke. 

Was ist das Ziel solcher Drohnenflüge?

Nach Einschätzung Frickes verfolgen die meisten Drohnen über Flughäfen mehrere Zwecke. „Das Erste ist sicherlich, was man so unter dem Begriff "Inspection und Surveillance" bezeichnet“, erklärt er. Man wolle mit Hilfe der hochauflösenden Kameras sehr genau Informationen über die kritischen Infrastrukturen sammeln.

Schon das Beobachten selbst könne eine Form der Einschüchterung sein, erklärt Fricke. Als Beispiel nennt er die in Leipzig/Halle stationierten russischen Antonow-Transportmaschinen. „Das ist ja schon eine Drohkulisse für sich, dass man sagen kann: Wir wissen es jetzt noch genauer, können besser hinschauen als mit Satellitenaufnahmen.“ Die riesigen Frachtflugzeuge stehen seit dem 28. Februar 2022 in Leipzig/Halle - sie dürfen wegen der EU-Sanktionen gegen Russland nicht mehr starten.

Ein zweites Motiv sei, wie Fricke sagt, das gezielte Austesten von Schwachstellen. „Das ist das sogenannte Vulnerability Testing“, erklärt er. „Der Check ist, zu gucken, mal sehen, was passiert, wenn ich da trotzdem einfach reinfliege. Und das ist im Prinzip in München passiert.“

Warum ist die Abwehr so schwierig?

Ein Kernproblem liegt laut Fricke in den Zuständigkeiten. Die Polizei sei derzeit „überfordert“. „Sie hat keine Möglichkeiten, tatsächlich adäquat diese Aufgaben zu lösen.“ Bisher funktioniere die Drohnenabwehr nur im engen Verbund mit der Bundeswehr. „Aber auch dort sind wir noch längst nicht da, wo wir sein müssen.“

Zudem fehle es an klaren Strukturen, wer im Ernstfall die Verantwortung trägt. Die Deutsche Flugsicherung könne nur beobachten, aber nicht handeln. Fricke plädiert dafür - ähnlich wie es nun auch die Bundesregierung plant - die Zuständigkeit klar bei der Bundespolizei zu verankern.

Technisch wäre die Abwehr solcher Drohnen längst möglich, betont Fricke. Inzwischen gebe es Radarsysteme, die selbst sehr kleine Flugobjekte aufspüren können. Solche Geräte arbeiten mit hochfrequenten Signalen im sogenannten X-Band-Bereich und können Ziele erfassen, die für klassische Flugradare unsichtbar bleiben. Entwickelt und produziert werden sie auch in Deutschland, was Fricke als Vorteil sieht: Das Know-how sei vorhanden, die Technik einsatzbereit - sie müsse nur konsequent eingesetzt und vernetzt werden.

Was passiert im Ernstfall? 

Wird eine Drohne im Luftraum eines Flughafens entdeckt, greifen laut Fricke eingespielte Sicherheitsmechanismen. „Es gibt das kontrollierte Runterfahren des Flugbetriebs an jedem Flughafen“, sagt er. Flugzeuge, die bereits im Anflug sind, dürfen ihre Landung abschließen, andere werden umgeleitet. Starts werden vorübergehend gestoppt, bis die Lage geklärt ist. Aber das könne schnell teuer werden - für Flughäfen wie für Airlines.

Wie gut sind Leipzig/Halle und Dresden vorbereitet? 

Das sächsische Innenministerium teilt auf Anfrage mit, dass es eine zentrale Drohnenabwehreinheit gegen handelsübliche Drohnen gibt, die bei Bedarf auch an Flughäfen eingesetzt werden kann. In diesem Jahr liege dem Landeskriminalamt ein sicherheitsrelevanter Hinweis auf einen Drohnenüberflug an sächsischen Flughäfen vor. Zwischen Landes- und Bundespolizei bestehe ein regelmäßiger Austausch, Einsatzlagen würden fortlaufend bewertet.

Fricke hält das für einen Anfang, aber längst nicht für ausreichend. Aus seiner Sicht wäre es sinnvoll, die Schutzbereiche rund um Flughäfen zu erweitern, um im Ernstfall mehr Zeit zum Reagieren zu haben. Langfristig, so der Experte, müsse die Technik der Abwehr mit der sich rasant entwickelnden Drohnentechnologie Schritt halten - eine Aufgabe, die nach seiner Einschätzung noch nicht abgeschlossen ist.