Fußball-Bundesliga Duell um Stadtherrschaft: HSV und St. Pauli im Derby-Fieber
Das Hamburger Derby elektrisiert die Stadt. Nach mehr als 14 Jahren gibt es das Duell wieder in der Bundesliga. Beide Trainer präsentieren sich dennoch eher zurückhaltend.

Hamburg - Flutlicht, hohe Polizeipräsenz und ganz Hamburg in die Farben der beiden Vereine getaucht. Die Hansestadt wappnet sich für ein elektrisierendes Derby. Wer kann für sich den inoffiziellen Titel des Stadtmeisters beanspruchen? Blau-weiß-schwarz oder braun-weiß?
Mehr als 14 Jahre mussten die Fans des Hamburger SV und des FC St. Pauli auf die Rückkehr des brisanten Stadtderbys in der Fußball-Bundesliga warten. Zwar gab es die Partie in der 2. Liga, doch wenn der HSV am Freitagabend (20.30 Uhr/Sky) obendrein sein erstes Heimspiel seit dem Aufstieg nach siebenjähriger Bundesliga-Abstinenz bestreitet, steht die Stadt im bundesweiten Fokus.
„Deutschlandweit sucht es seinesgleichen“, sagte St. Paulis Trainer Alexander Blessin vor der 112. Auflage des brisanten Duells im Volksparkstadion. Für den 52-Jährigen ist das Duell um die Vorherrschaft in der Hansestadt die Premiere. Das Derby bezeichnete er als „ein geiles Ding“. Ganz Deutschland werde darauf schauen.
Polzin: „Jeder ist mit vollem Herzen dabei“
Auch HSV-Coach Merlin Polzin erlebt sein erstes Stadtderby als Cheftrainer. In Fan-Utensilien und als Assistenzcoach verfolgte er indes schon viele Stadtduelle beider Vereine. „Jeder ist mit vollem Herzen dabei. So war es bei mir bei all den anderen Derbys auch. Kein ganz normales Spiel, weil das sind Derbys an sich nie“, sagte Polzin. Auch in seiner neuen Rolle sei das so, er freue sich auf ein „besonderes Spiel“.
Die Stimmung im Vorfeld der von der Polizei als Hochrisikospiel eingestuften Partie ist schon feurig genug. Daher war es klug, dass beide Trainer auf irgendwelche Spitzen gegen den anderen Club verzichteten, sondern respektvoll übereinander sprachen. „Hamburg ist groß genug für zwei solche Vereine“, sagte Blessin.
Polzin appellierte an die Fans, dass es „sehr friedlich“ ablaufen solle. Zudem sprach er anerkennend über die Arbeit beim Rivalen, der ein Jahr vor dem HSV aufgestiegen war.
Polzin beim letzten Bundesliga-Stadtderby dabei
Polzin besuchte damals als Fan das letztmalige Aufeinandertreffen im Oberhaus. 2011 war das, St. Pauli siegte 1:0 im Volkspark. Danach folgten einige packende Partien in der 2. Liga, etwa 2024, als der HSV im eigenen Stadion den vorzeitigen Aufstieg des ungeliebten Kontrahenten durch ein 1:0 abwenden konnte und das Horror-Szenario für die HSV-Fans verhinderte - mit Polzin als Co-Trainer.
An Brisanz mangelte es in den Duellen nie. Beim letzten Aufeinandertreffen im Volksparkstadion hatte es schon vor dem Anpfiff Provokationen und Rangeleien zwischen den Spielern gegeben. Auch da wurde deutlich: Das Derby ist eine Achterbahnfahrt der Emotionen.
Der HSV besitzt sicherlich die größere Strahlkraft auch weit über die Grenzen Hamburgs hinaus. Deutlich machen das auch die Mitgliederzahlen. St. Pauli verzeichnet etwas mehr als 50.000, dagegen sind mehr als 130.000 Mitglieder Teil des HSV.
Doll über seinen HSV: „So ein großartiger Verein“
Die Wucht des Clubs erlebte auch der frühere Spieler und Trainer Thomas Doll, der vor wenigen Tagen auf der „Walk of Fame“ in der Nähe des Volksparkstadions mit anderen Ex-Spielern wie Torwart Hans Jörg Butt (51) und Europapokalsieger Jimmy Hartwig (70) verewigt wurde.
„Der HSV gehört einfach in die Bundesliga. Das ist so ein großartiger Verein, mit so einer Wucht“, sagte Doll. Vielleicht sei jetzt mehr richtig gemacht worden als in den Jahren zuvor. „Wichtig ist, dass man daraus gelernt hat und demütig in die Saison geht.“
Beide Teams verzeichneten im Sommer Abgänge und bauten ihren Kader um. Beide Trainer erhoffen sich von den dienstälteren Spielern, dass sie die Derby-Neulinge hinsichtlich der Bedeutung einnorden. „Mit einem kühlen Kopf und einem heißen Herz“ müsse man in dem „Hexenkessel“ agieren, forderte St. Paulis Blessin.
Beide Clubs starteten jeweils mit Unentschieden in die Saison. St. Pauli holte einen Zwei-Tore-Rückstand gegen Borussia Dortmund auf (3:3), der HSV präsentierte sich nach teils schwachen Tests stabil bei der Bundesliga-Rückkehr in Mönchengladbach (0:0).
Blessins Team geht leicht favorisiert in die Partie: Nach den Eindrücken aus der Vorbereitung und des Bundesliga-Auftakts wirkt der Kiez-Club gefestigter als der Rivale. Das sieht auch der ehemalige HSV-Profi und TV-Experte Erik Meijer so. „Ich denke sogar, dass Pauli als Favorit reingeht, weil sie es im letzten Jahr gut gemacht haben, weil sie ein gutes Spiel gemacht haben gegen Dortmund und die Mannschaft noch etwas mehr eingespielt ist im Moment“, sagte Meijer in einer Sky-Presserunde.
Ein gewichtiges Plus für den HSV sind die Zuschauer. 57.000 Fans werden im Volksparkstadion sein, etwa 51.000 davon werden den Aufsteiger anfeuern.



