Jugendhilfe Dutzende Zwischenfälle in Kinderheimen und Wohngruppen
Einrichtungen der Jugendhilfe müssen Statistik über sogenannte besondere Vorkommnisse führen, die das Kindeswohl beeinträchtigen könnten. Das Spektrum ist vielfältig.

Erfurt - Gewalt unter Minderjährigen, sexuelle Übergriffe, Vandalismus oder Diebstahl: Aus Kinderheimen, betreuten Wohngruppen und ähnlichen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in Thüringen sind in den vergangenen Jahren Dutzende Vorfälle, die das Kindeswohl beeinträchtigen können, gemeldet worden. Das geht aus Zahlen des Sozialministeriums hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Betreiber von Jugendhilfe-Einrichtungen sind laut Ministerium verpflichtet, sogenannte besondere Vorkommnisse zu melden.
Dazu gehören etwa Übergriffe durch Mitarbeiter auf deren Schützlinge und umgekehrt, der Verdacht auf andere strafbare Handlungen durch Kinder, Jugendliche und Mitarbeiter, Katastrophen oder katastrophenähnliche Ereignisse, Verletzungen, aber auch Beschwerden von Kindern, ihren Angehörigen und Sorgeberechtigten. Unter den erfassten Straftaten von Kindern und Jugendlichen seien etwa Drogendelikte, Autodiebstahl, Fahren ohne Führerschein und Fahrerflucht, sagte eine Ministeriumssprecherin. In Thüringen gibt es knapp 500 Kinderheime und betreute Wohngruppen mit rund 4.200 Plätzen.
Im Jahr 2022 wurden beispielsweise 26 Übergriffe – einschließlich sexuelle – durch Kinder und Jugendliche gegeneinander erfasst, 2023 waren es 29. Zu Gewalt von Minderjährigen gegen Beschäftigte der Einrichtungen kam es in 18 beziehungsweise 26 Fällen. Insgesamt wurden 2022 demnach 155 besondere Vorkommnisse gemeldet, ein Jahr später waren es 192.
Digitales Zählsystem eingeführt
Für 2024 sind die Zahlen nicht eindeutig. Zwar wurden 394 Fälle erfasst, darunter 55 sexuelle und anderweitige Übergriffe durch Minderjährige auf andere Kinder und Jugendliche. Wegen zweier parallel laufender Meldesysteme – ein digitales wurde neu eingeführt – dürfte es einer Ministeriumssprecherin zufolge auch zu Doppelzählungen gekommen sein.
Einrichtungen der Jugendhilfe spielen bei Kindeswohlgefährdung eher eine geringe Rolle, wie Zahlen des Statistischen Landesamtes belegen. 2024 ereigneten sich 4,7 Prozent der insgesamt knapp 1.700 erfassten Fälle in Kinderheimen oder Wohngruppen. In mehr als drei Viertel aller Fälle ging die Gefährdung Minderjähriger von den Eltern aus.