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Mit 71 Jahren ist Deep-Purple-Keyboarder Jon Lord an einer Lungenembolie gestorben Ein Zauberer, der Brücken schlagen wollte

Von F.- René Braune 18.07.2012, 03:25

Er war die "graue Eminenz" einer legendären Band, der Gentleman unter den Hardrockern: Jon Lord. Der Mitbegründer und kreative Kopf von Deep Purple starb am Montag im Alter von 71 Jahren in London nach einem langen Kampf gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs an einer Lungenembolie.

Magdeburg l Es gibt wohl keinen Gitarristen auf dieser Welt, der nicht die Riffs von "Smoke on the Water" geübt hat. Jon Lord hat mit diesem Song eine Hymne des Hardrock mitkomponiert. Mit der Band Deep Purple begründete er eine neue Ära dieser Musikrichtung, gab mit seinen Kompositionen dem Lebensgefühl ganzer Generationen Ausdruck.

Schon mit der ersten CD "Shades of Deep Purple" setzte die Band Meilensteine der Popmusik - ihre Versionen von "Help", vor allem aber von "Hey Joe", waren in den 70er Jahren ein Muss auf jeder Party und in jeder Diskothek. Songs wie "Highway Star" oder "Speed King" beschleunigten den Hardrock auf eine bis dahin ungeahnte Weise und zogen Millionen Fans in ihren Bann. Die Musik war in den Ohren junger Menschen Klang gewordene Maxime: Einfach Gas geben und das Leben auf der Überholspur verbringen.

Lord und seine Mannen galten von 1968 an als eine der kreativsten und erfolgreichsten Bands ihrer Zeit. Ihr 1972 eingespielter Konzert-Mitschnitt "Made in Japan" gilt vielen bis heute als eines der besten Live-Alben aller Zeiten. Und dies nicht zuletzt deshalb, weil wohl kein anderes Album die unglaubliche Vielfalt des Jon Lord so eindringlich verdeutlichte: Der klassisch ausgebildete Musiker gab dem Rock die Hammond-Orgel und damit eine völlig neue Dimension. "Lazy" war für viele Musikfreunde Offenbarung und Revolution in einem. Gleiches gilt für "Child in time".

Die musikalischen Duelle, die sich der Keyboarder Jon Lord mit dem ebenso genialen Gitarristen Ritchie Blackmore lieferte, gehören zum Besten, was die Popmusik hervorgebracht hat.

Lord war kein Revolutionär wie ein Bob Dylan, der die Musik nutzte, um die Gesellschaft zu reflektieren. Lord war ein Zauberer, der über Jahrzehnte versuchte, Brücken zwischen den Genres zu schlagen. Dass Hardrock und klassische Elemente eine wunderbare Partnerschaft eingehen können, bewies die Band mit Titeln wie "April" und "Fools". Ganz zu schweigen vom legendären "Concerto for Group and Orchestra", bei dem Deep Purple in der ehrwürdigen Royal Albert Hall mit dem Royal Philharmonic Orchestra spielte. Zum ersten Mal trafen sich hier in der Geschichte der Musik wilde Rocker und befrackte Sinfoniker. Und beide spielten Kompositionen von Jon Lord.

Die Faszination dieser Kombination ist bis heute ungebrochen, ebenso wie das Charisma des begnadeten Komponisten. Mit seinem Tod ist die Musikwelt um ein Genie ärmer geworden.