Raumfahrt Esa-Tagung in Bremen: Europa ringt um Milliarden fürs All
Die Raumfahrt beeinflusst unseren Alltag - von der Wettervorhersage bis zur Kartenzahlung. Und auch strategisch ist sie wichtig. In Bremen werden jetzt die Weichen für Europas Zukunft im All gestellt.

Bremen - Welche Rolle soll Europa in der Raumfahrt künftig spielen? Das ist die zentrale Frage, wenn die europäische Raumfahrtbehörde Esa und ihre 23 Mitgliedstaaten heute in Bremen ihre Verhandlungen über das nächste Esa-Budget aufnehmen. Aus Sicht der Raumfahrtagentur braucht es mehr Geld als bisher, um nicht abgehängt zu werden. Das habe viel mit Unabhängigkeit und Europa als Wirtschaftsstandort zu tun.
Esa warnt davor, abgehängt zu werden
Für Esa-Generaldirektor Josef Aschbacher ist die Tagung der entscheidende Moment in den nächsten Jahren, um Investitionen in die Raumfahrt zu tätigen. Es sei Europas „einmalige Gelegenheit, sich für Ambition statt Zögerlichkeit und Führung statt Zurückhaltung zu entscheiden“. Die Esa mahnt vor der Tagung deutlich: „Europa droht, in Verzug zu geraten. Nicht, weil Expertise fehlt, sondern weil die Investitionen unzureichend oder zerstückelt sind.“
Aschbacher zufolge ist Europas Anteil an den globalen Investitionen in die Raumfahrt in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Wenn es so weitergehe, riskiere man vom Rennen ums Weltall ausgeschlossen zu werden. „Ich bin also besorgt“, sagte er der französischen Wirtschaftszeitung „Les Échos“.
Entsprechend braucht es aus seiner Sicht nun ein höheres Drei-Jahres-Budget. Aschbachers Vorschlag: 22 Milliarden Euro und damit auch inflationsbereinigt noch einmal mehr als die bisherigen 17 Milliarden Euro.
Deutlich mehr Geld aus Deutschland?
Deutschland ist traditionell eines der Länder, das am meisten Geld zum Esa-Budget beisteuert. Wie viel genau dieses Mal fließt, wird auf der Konferenz verhandelt. Grundsätzlich gilt: Wer viel einzahlt, bekommt auch viel zurück – in Form von Aufträgen an Unternehmen oder für Forschung im eigenen Land.
Die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Bremen als bedeutendste Raumfahrtstandorte in Deutschland fordern sechs Milliarden Euro. „Hier hören wir gute Signale von der Bundesregierung, sehen aber auch, dass zur Erreichung unserer Ziele noch ein Stück fehlt“, sagte ein Sprecher des Bremer Wirtschaftsressorts. Zum letzten Esa-Etat hatte Deutschland 3,5 Milliarden Euro beigesteuert.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte mit Blick auf die Konferenz: „Unser Anliegen ist es, dass Deutschland hier eine klare Führungsposition einnimmt.“ Wenn man auch in Deutschland die Weichen richtig stelle, könne man vom wachsenden Markt der Weltraumaktivitäten einen entscheidenden Anteil nach Europa und Deutschland holen.
Mehr Souveränität großes Thema für Europas Raumfahrt
Esa-Chef Aschbacher sieht die Raumfahrt nicht nur als Wachstumsbranche. Es geht ihm auch darum, Personal und Firmen in Europa zu halten. Zudem soll der Kontinent in der Raumfahrt unabhängiger werden.
In den vergangenen Jahren war der Druck auf die Esa zu mehr Eigenständigkeit angesichts der geopolitischen Spannungen gewachsen. Infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine fielen die Sojus-Raketen weg. Wegen weiteren Problemen bei Raketen musste die Esa teils Missionen mit dem US-Unternehmen SpaceX von Elon Musk ins All bringen. Und unter US-Präsident Donald Trump scheint unklar, wie sehr man sich in Europa auf die Nasa als engen Partner weiterhin wird verlassen können.
Die Esa mit Sitz in Paris arbeitet an zahlreichen Vorhaben im Weltraum von Wettersatelliten über Wissenschaftsprojekte bis hin zu bemannten Missionen auf der Raumstation ISS.