Debatte Finanzsenator Evers sieht Bürgergeld-Vorstoß kritisch
CSU-Chef Söder will in Deutschland lebenden Ukrainern das Bürgergeld streichen. Berlins Finanzsenator hielte es für besser, den Blick auf das große Ganze zu lenken.

Berlin - Berlins Finanzsenator Stefan Evers vermisst in der aktuellen Debatte um Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge den Blick auf grundsätzliche Reformen des Sozialstaates. „Wünschenswert wäre es, den Gesamtzusammenhang staatlicher Leistungen zu betrachten und nicht nur einzelne Leistungen in den Blick zu nehmen“, sagte der CDU-Politiker auf Anfrage.
„Wir weisen sehr regelmäßig darauf hin, dass es sich dringend lohnt, über grundlegende Sozialstaatsreformen nachzudenken“, so Evers. „Dazu soll ja eine Bund-Länder-Kommission eingesetzt werden. Vielleicht spielt auch in diesem Zusammenhang das Bürgergeld eine Rolle.“
Söder stößt Debatte an
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte im ZDF gefordert, ukrainischen Geflüchteten grundsätzlich kein Bürgergeld mehr zu gewähren, sondern Leistungen wie Asylbewerbern. Diese fallen geringer aus und werden oft als Sachleistungen oder per Bezahlkarte gewährt. Söder will so Anreize erhöhen, eine Arbeit aufzunehmen. Führende Politiker des Koalitionspartners SPD lehnten seinen Vorstoß ab.
Evers geht auf Distanz
„Ich habe die Erwartung, dass jeder, der arbeiten kann, sich auch einbringt“, sagte Evers. Das habe nichts mit der Herkunft zu tun und der Frage, ob jemand geflüchtet sei oder nicht. „Sondern es sollte das grundsätzliche Selbstverständnis jedes Menschen sein, sich durch Arbeit sinnstiftend in unsere Gesellschaft einzubringen. Und insofern, glaube ich, lohnt es sich, das große Bild zu betrachten und sich nicht von einzelnen Sachverhalten hier zu sehr leiten zu lassen.“
Umsetzung würde teuer für die Länder
Ergänzend wies Evers darauf hin, dass eine Umsetzung der Forderung Söders die Länder stärker finanziell belasten würde. Grund: Das Bürgergeld zahlt der Bund, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz übernehmen hingehen die Länder.
„Deswegen wird es eine Diskussion sicherlich auch zwischen Bund und Ländern geben, wenn es denn hier zu einer praktischen Umsetzung käme“, so Evers. „Da es für die Länderhaushalte sicherlich keine einfache Aufgabe wäre, jetzt von einem Tag auf den anderen in eine Leistungsverpflichtung einzutreten in diesem Umfang.“
Reformkommission
Länder wie Berlin beklagen seit längerem, dass Entscheidungen des Bundes gerade im Sozialbereich stark steigende Kosten auf Landesebene nach sich ziehen, die sie kaum noch stemmen könnten. Vor diesem Hintergrund hat die neue schwarz-rote Koalition im Bund eine Kommission angekündigt, die hier Reformvorschläge machen soll.