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Röntgensatellit könnte Ende Oktober unkontrolliert abstürzen Für Satellit Rosat geht es demnächst steil bergab

Von Yuriko Wahl-Immel 14.10.2011, 04:21

Der Röntgensatellit Rosat hat geholfen, Ursprung, Aufbau und Entwicklung unseres Universums besser zu verstehen. Für die Wissenschaft ist er ein leuchtender Stern. Aber jetzt geht es in rasantem Tempo abwärts.

Köln (dpa) l Er war viele Jahre ein künstlicher Mega-Star am Himmel, jetzt wird er tief fallen: Der Röntgensatellit Rosat soll nach Prognosen zwischen dem 20. und 25. Oktober unkontrolliert in Richtung Erde abstürzen. Die Experten vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) glauben nicht, dass es gefährlich wird für irgendjemanden auf dem Globus. "Wir gehen davon aus, dass nichts passiert. Aber wenn doch ein Schaden entsteht, steht das DLR zu seiner Verantwortung", sagt Vorstandschef Prof. Johann-Dietrich Wörner. Die Chancen liegen etwa bei 1 zu 600, dass Trümmerteile von Rosat in Deutschland zu Boden gehen.

"Rosat" beobachtete Galaxien und entdeckte Schwarze Löcher

Die deutsch-britisch-amerikanische Rosat-Mission war ein leuchtender Stern für die Astronomie. Als der knapp 2,5 Tonnen schwere Satellit im Juni 1990 von Florida aus ins All startete, konnten die Forscher erstmals den gesamten Himmel mit einem abbildenden Teleskop auf Quellen von Röntgenstrahlen absuchen. Wörner: "Rosat war ein unglaublich erfolgreicher Satellit." Er lieferte die ersten Röntgenbilder vom Mond, fing Röntgenstrahlen von Kometen ein, beobachtete Neutronensterne und Galaxien, entdeckte Schwarze Löcher und Überreste von Supernova-Explosionen. Die Mission trug dazu bei, unser Universum besser zu verstehen. 4000 Forscher aus 24 Ländern nutzten Rosat.

Das damals größte Röntgenteleskop sollte 18 Monate arbeiten, hielt aber bis Februar 1999 durch. Dann fielen die Messinstrumente aus und der Satellit wurde abgeschaltet, sagt Radioastronom Roland Gräve. "Rosat hat keinen Antrieb und kann nicht mehr kommandiert werden. Wir haben keine Möglichkeit, ihn gezielt zur Erdoberfläche zurückzuführen."

Ob die bis zu 30 erwarteten Trümmerteile nun im Meer versinken, auf einem Acker einschlagen oder spurlos verschwinden, kann daher niemand voraussagen. Sowohl Experten in den USA als auch in einer Großradaranlage bei Bonn lassen Rosat aber nicht aus den Augen. Die Entwicklung seiner Flugbahn und seines Wiedereintrittszeitpunkts hängen stark von der Sonnenaktivität ab. In 90 Minuten umkreist das Gerät die Erde. "Einen Tag vorher kann man zumindest sagen, welches Gebiet nicht betroffen sein wird", erklärt Wörner.

Über Evakuierungen oder Flugraumsperrungen nachzudenken, sei "nicht angemessen" angesichts des sehr geringen Risikos. "Es ist schon so viel runtergefallen. Der Unterschied ist nur, dass wir als gründliche Deutsche genauer hingucken", meint Wörner. Der Weltraum ist voll mit Müll, dauernd treten Trümmer in die Atmosphäre ein. Allein 2010 kam es 400 Mal dazu, auch Satelliten waren darunter. Aber kein Mensch kam je ernsthaft zu Schaden, sagen die Fachleute.

Unwahrscheinlich, dass jemand zu Schaden kommt

Rosat ist von einer Höhe von einst 580 Kilometern über der Erde bis Anfang September auf 290 Kilometer abgesunken. Und: "Im Mai war er noch relativ stabil, aber in der letzten Phase wird er taumeln", glaubt der Fachmann für Weltraumrückstände, Manuel Metz. Dass jemand in Deutschland durch seine Trümmer zu Schaden kommt, ist laut DLR mit 1 zu 700000 extrem unwahrscheinlich. Falls doch: Die USA, Deutschland und Großbritannien würden gemeinsam haften, falls Rosat Zerstörung bringen sollte, weiß Rechtsexperte Bernhard Schmidt-Tedd. Erst im September hatte der tonnenschwere Satellit UARS für Aufregung gesorgt, war dann aber folgenlos im Pazifik abgetaucht.

Übrigens: Sollte ein Finder auf die nicht giftigen Rosat-Klumpen stoßen, würde er davon nicht viel haben: "Er darf sie nicht behalten. Das ist Eigentum Deutschlands. Und er soll auch nichts anfassen", sagt Wörner.