Jahrestag Gedenken an getötete sowjetische Soldaten: Demonstrationen
Erneut steht das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine. Die Polizei befürchtet Konflikte. Sie setzt auf Fahnenverbot, Kontrollen und Präsenz. Und die Rockergruppe „Nachtwölfe“ darf nicht im Corso anreisen.

Berlin - Mit Kranzniederlegungen und Kundgebungen ist in Berlin an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa vor 78 Jahren erinnert worden. Die russische Botschaft gedachte der getöteten sowjetischen Soldaten an den sowjetischen Ehrenmälern im Treptower Park und in der Nähe des Brandenburger Tores. Botschafter Sergej J. Netschajew legte dort am Dienstag Kränze nieder. Rund 400 Menschen nahmen nach Polizeiangaben daran teil. Hunderte Menschen erinnerten mit einem Gedenkmarsch vom Brandenburger Tor über die Straße des 17. Juni zu dem Ehrenmal an die gefallenen Soldaten.
Rund 1300 Menschen waren dazu erwartet worden. Nach Polizeiangaben wurde diese Zahl nicht erreicht. Nach ersten Schätzungen sprach sie von etwa 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Nach Angaben eines Polizeisprechers verliefen die Veranstaltungen bis zum Nachmittag „in einem friedlichen Rahmen“. Für die Veranstaltungen galt ein Verbot russischer Fahnen und Symbole. Die Polizei kontrollierte die Menschen vor dem Betreten der Bereiche.
Am Treptower Park wurden Menschen mit russischen Fahnen und Utensilien in entsprechenden Farben weggeschickt, wie ein dpa-Reporter beobachtete. Für Gäste der russischen Delegation galt das Verbot allerdings nicht, wie die Polizei betonte. Bei der Veranstaltung im Treptower Park waren daher solche Flaggen zu sehen. Die Menschen hätten bei Überprüfungen der Delegation zugeordnet werden können, erklärte ein Polizeisprecher.
Aus Tschechien angereiste Sympathisanten der russisch-nationalistischen Rockergruppe „Nachtwölfe“ mussten dagegen ihre tschechischen Fahnen abgeben, wie der Polizeisprecher sagte. Als Grund nannte er die Ähnlichkeit zur russischen Flagge, vor allem im zusammengefalteten Zustand. Weitere Rocker aus Deutschland waren am Mittag ebenfalls in Berlin eingetroffen. Für diese gebe es „aus verkehrstechnischen Gründen“ keine geschlossene Anfahrt, erklärte der Polizeisprecher. Etwa 100 Menschen seien mit 60 Motorrädern zum Gedenken gefahren, sie besuchten die sowjetischen Ehrenmäler im Treptower Park und in der Nähe des Brandenburger Tores in Gruppen von höchstens 20 Leuten, wie der Polizeisprecher sagte. Die „Nachtwölfe“ gelten als Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Im Treptower Park musste die Polizei bei einer „verbalen Auseinandersetzung“ einschreiten, wie der Polizeisprecher sagte. Nach Beobachtung eines dpa-Reporters rief die Masse drei pro-ukrainischen Aktivisten, die sich als Mitglieder der russischen Opposition bezeichneten und ukrainische Fahnen schwenkten, „Nazis raus“ entgegen. Putin begründet seinen Angriffskrieg mit dem angeblichen Schutz der dortigen Zivilbevölkerung vor Angriffen ukrainischer Nationalisten.
Die Berliner Polizei befürchtete solche Spannungen wegen des Ukraine-Kriegs und war am zweiten Tag der Gedenkveranstaltungen nach eigenen Angaben mit etwa 1300 Beamtinnen und Beamten im Einsatz. Am Montag waren demnach rund 1500 Einsatzkräfte unterwegs.
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Weil die nächtliche Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde nach Moskauer Zeit auf den 9. Mai fiel, wird in Russland traditionell an diesem Tag der Tag des Sieges begangen.
Die Polizei wollte ursprünglich wie im Vorjahr russische und ukrainische Flaggen, Symbole und Lieder für die Gedenktage untersagen. Das Verwaltungsgericht Berlin hob jedoch im Eilverfahren am Wochenende zunächst das Verbot ukrainischer Symbole auf - was die Polizei akzeptierte.
Eine weitere Entscheidung des Gerichts, wonach auch das Verbot russischer Symbole nicht mehr gelten sollte, focht sie hingegen erfolgreich an. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) bestätigte Regelungen der Polizei in einer Allgemeinverfügung, wonach russische Fahnen und Symbole verboten sind. Ausgenommen davon sind allerdings russische Delegationen. Dieser Entscheidung schloss sich dann am Montagabend auch das Verwaltungsgericht bei weiteren Verfahren an, wie ein Sprecher am Dienstag sagte.