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U-Boot aus Kaiserzeit Historiker: Begründete Vermutung zum Untergang von U16

Vor mehr als 100 Jahren sank das U-Boot U16 vor Scharhörn. Der Marinehistoriker Jann M. Witt hat einen Verdacht, wie es zum Untergang auf dem Weg nach England kam.

Von dpa 02.09.2025, 05:00
Der Historiker Jann M. Witt geht davon aus, dass die Crew U16 vor mehr als 100 Jahren selbst versenkte.
Der Historiker Jann M. Witt geht davon aus, dass die Crew U16 vor mehr als 100 Jahren selbst versenkte. Sina Schuldt/dpa

Laboe - Nach 106 Jahren liegt das kaiserliche U-Boots U16 wieder auf dem Trockenen. Ein erster Teil des 57 Meter langen Bootes wurde in der Nacht zum Montag mit Hilfe eines Schwimmkrans aus der Nordsee vor Scharhörn geborgen. Doch warum war das U-Boot 1919 überhaupt gesunken? „Es ist nichts von Toten bekannt“, sagt der Marinehistoriker Jann M. Witt vom Deutschen Marinebund der Deutschen Presse-Agentur.

Witt betont, er habe daher die begründete Annahme, dass es sich um einen Unfall in Anführungsstrichen handelte. „Vermutlich ist das U-Boot von der Besatzung selbst versenkt worden, um der Auslieferung zu entgehen.“. Die Nähe des Untergangsorts zu Scharhörn sei ein Indiz dafür.

Die Auslieferung deutscher U-Boote an die Alliierten sei nach dem Ersten Weltkrieg eine der Voraussetzungen für den Waffenstillstand gewesen, sagt Witt. „Weil die U-Boote sich ja im Ersten Weltkrieg durchaus als gefährliche Waffe erwiesen haben. Eigentlich mussten alle U-Boote ausgeliefert werden.“

Selbstversenkung?

Witt verwies auf das Schicksal des ebenfalls 1919 vor Helgoland untergegangen U-Bootes UC71. „Das ist ja nun definitiv bei der Überfahrt von der Besatzung versenkt worden.“ Er halte es für durchaus wahrscheinlich, dass an Bord von U16 etwas Ähnliches passiert sei, „man also gesagt hat: Wir wollen nicht, dass unser Boot in die Hände des Feindes fällt.“

Das 1916 gebaute U-Boot UC71 sank 1919 auf einer Überführungsfahrt nach England vor der Nordseeinsel Helgoland. Das Wrack liegt noch immer dort. Seit 2012 steht es unter Denkmalschutz.

Petroleum

Das nun geborgene Boot U16 wurde 1911 bei der Germaniawerft in Kiel gebaut. „Es ist also eines der frühesten U-Boote der kaiserlichen Marine gewesen“, sagt Witt. Der Aufbau der deutschen U-Boot-Flotte habe erst wenige Jahre zuvor mit U1 begonnen, weil erst kurz nach der Jahrhundertwende tatsächlich verlässliche Verbrennungsmotoren zur Verfügung standen, um U-Boote auch über größere Distanzen anzutreiben.

Elektromotoren seien zwar seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert immer in Betracht gezogen worden, sagt Witt. „Die Problematik war dabei eben halt immer nur: Wie lade ich sie wieder auf? Man kann ja schlecht ein langes Kabel hinter sich herschleppen.“

Deshalb sei für hochseefähige U-Boote ein Überwasserantrieb notwendig, sagt Witt. Weil Diesel-Motoren damals noch nicht so weit gewesen seien, sich Benzin leicht verflüchtige und durch giftige Dämpfe eine hohe Explosionsgefahr entstehe, habe sich die Kaiserliche Marine bei ihren ersten U-Booten für Petroleum-Motoren entschieden.

Feindfahrten

U16 habe rund ein Dutzend Feindfahrten unternommen und dabei knapp 30 Schiffe versenkt, sagt Witt. Später seien die Petroleum-Boote meist nur noch als Schulungsbote oder in der Ostsee eingesetzt worden. Durch die Einführung von Booten mit Dieselantrieb seien die Petroleum-Boote bereits bei Kriegsbeginn im Prinzip veraltet gewesen.

Eine Bergung des U-Bootes in einem Stück ist in der Nacht zum Montag nicht gelungen. Experten wollen mit einem niederländischen Schwimmkran aber auch noch die zweite Hälfte von U16 aus der Nordsee bergen. Das Wrack soll an einen Schrotthandel gehen. Die Batterien des Bootes sollen entsorgt werden.