Sinkende Mitgliederzahlen „Kipppunkt erreicht“ – Kirche erwartet sinkende Einnahmen
Kirchensteuer bricht ein, Strukturreformen stehen an. Warum sich Gläubige und soziale Träger jetzt auf spürbare Veränderungen einstellen müssen – und wo noch gestritten wird.

Erfurt - Die Evangelische Kirche Mitteldeutschland (EKM) plant in ihrem Doppelhaushalt für die kommenden beiden Jahre erstmals mit weniger Geld. Der Finanzplan, der am Donnerstag bei der Tagung der Landessynode in Erfurt vorgestellt worden ist, sieht für die kirchlichen Aufgaben in den nächsten beiden Jahren insgesamt Mittel in Höhe von rund 431 Millionen Euro vor. Das sind rund 15 Millionen Euro weniger als im vorherigen Doppelhaushalt und entspreche einem Rückgang um rund 3,4 Prozent, teilte die EKM mit.
Grund für den erstmaligen Rückgang der Plansumme sei ein drastischer Einbruch bei der Kirchensteuer um rund acht Prozent, heißt es weiter. Bislang hätte dies stets mit steigenden Einkommen der verbleibenden Mitglieder kompensiert werden können. Die Zahl der Kirchenmitglieder der EKM sinkt seit Jahren kontinuierlich: Die Kirche rechnet nach eigenen Angaben damit, dass sie 2030 noch etwa 500.000 Mitglieder haben wird. Zu Beginn des Jahres waren es etwa 600.000, hauptsächlich in Thüringen und Sachsen-Anhalt sowie in Teilen Sachsens und Brandenburgs.
Sorgen um soziale Zukunft in Sachsen-Anhalt und Thüringen
2026 erreiche die Kirche den „nominalen Steuerkipppunkt“, so EKM-Finanzdezernentin Barbara Füten. „Noch haben wir die finanzielle Möglichkeit, Veränderungen geplant einzuleiten. Aber die Prognosen zeigen, dass wir dies schnell tun müssen.“ Bereits zu Beginn des Jahres hatte die EKM angekündigt, die Anzahl ihrer Kirchenkreise und Kirchenkreisämter im Rahmen einer Strukturreform weiter reduzieren zu wollen.
Es werden spürbare Veränderungen anstehen, sagte der Präsident des Landeskirchenamtes, Jan Lemke. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen, zurückgehender Ressourcen und steigender Anforderungen durch den Gesetzgeber werde sich die EKM nicht mehr alle Tätigkeiten und Dienstleistungen leisten können. Strittig sei allerdings, wo genau „Verzicht geleistet werden muss“.
Der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Mitteldeutschland, Christoph Stolte, sprach von einem insgesamt schwieriger werdenden Umfeld für den sozialen Träger. Das gelte nicht nur angesichts angekündigter sozialer Kürzungen bei den Sozialleistungen in den Landeshaushalten, sondern auch mit Blick auf ein mögliches weiteres Erstarken der AfD – etwa bei den kommenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt. „Wir müssen mit einem Rückbau der sozialen Infrastruktur rechnen. Wir machen uns Sorgen um die soziale Zukunft in den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Thüringen“, so Stolte.