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Bildung Mehr neue Lehrer als Abgänge - „Noch nicht über dem Berg“

Kommt die Wende im Kampf gegen den Lehrermangel? Nach Zahlen des Bildungsministeriums wurden mehr Lehrkräfte eingestellt, als es Abgänge in den Ruhestand gab. Die Linke verbucht den Erfolg für sich.

Von dpa 06.08.2025, 13:17
Thüringens Bildungsminister Christian Tischner (CDU) sieht erste Erfolge im Kampf gegen den Lehrermangel.
Thüringens Bildungsminister Christian Tischner (CDU) sieht erste Erfolge im Kampf gegen den Lehrermangel. Bodo Schackow/dpa

Erfurt - Trendwende oder nur ein Tropfen auf dem heißen Stein? In Thüringen sind nach Zahlen des Bildungsministeriums im vergangenen Schuljahr mehr Lehrkräfte eingestellt als in den Ruhestand verabschiedet worden. Bildungsminister Christian Tischner sprach von einer guten Nachricht. „Wir sind damit aber noch lange, noch lange nicht über dem Berg.“ Er rechnete vor, dass 1.358 Lehrkräfte in den Schuldienst eingestellt wurden, dagegen wechselten 836 Lehrkräfte in den Ruhestand. Es seien deutlich mehr Ruheständler prognostiziert worden, es sei aber gelungen, viele Lehrerinnen und Lehrer dazu zu bewegen, noch weiter zu machen.

Linke sieht Erfolg bei Ex-Minister

Die oppositionelle Linke-Fraktion verbuchte den Erfolg auf das Konto des früheren Linke-Bildungsministers Helmut Holter. „Es zeigt sich, dass die durch die linksgeführte Landesregierung eingeleiteten Maßnahmen zur Lehrergewinnung und Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufes Wirkung zeigen“, erklärte die Linke-Bildungspolitikerin Ulrike Grosse-Röthig. Thüringen ernte, was Holter gesät habe.

Der Freistaat kämpft seit Jahren mit akutem Lehrermangel. Grund dafür ist auch eine ausgeprägte Pensionierungswelle. Weil in früheren Zeiten teilweise kaum Lehrer eingestellt wurden, fehlen Fachkräfte in bestimmten Altersgruppen. Von der größeren älteren Altersgruppe gehen nach und nach immer mehr in Rente. Trotz des Einstellungsplus gegenüber den Ruheständlern gibt es in Thüringen zwischen 500 und 600 freie Stellen im Schuldienst, wie Tischner sagte.

Bald Grundschullehrer an Förderschulen?

Der Kampf gegen Lehrermangel und Unterrichtsausfall gehörte schon unter Rot-Rot-Grün zu den Topthemen, die aktuelle Brombeer-Landesregierung aus CDU, BSW und SPD hat sich das Problem prominent in den Koalitionsvertrag geschrieben. „Wir sorgen für moderne Schulen und verlässlichen Unterricht. Das hat oberste Priorität“, steht dort. Nun muss Tischner liefern. „Bildung, Unterrichtsabsicherung ist die Top-Priorität“, sagt auch er zum Start des neuen Schuljahres.

Gelingen soll das etwa mit einer Ausweitung des dualen Studiums im Regelschullehramt, das noch unter der Vorgängerregierung eingeführt wurde und als Erfolgsmodell für die Gewinnung von Lehrernachwuchs gilt. Die Studierenden bekommen vom Staat Geld, damit binden sie sich aber auch an das Land für die Zeit des Studiums und weitere fünf Jahre - inklusive des Vorbereitungsdienstes. Tischner hatte die Studienplätze von 50 auf 70 erhöht. Zudem will er es auf Förderschulen ausweiten. Gespräche dafür liefen bereits mit der Universität Erfurt.

Minister erwartet Entspannung

Helfen soll auch ein flexiblerer Einsatz von Grundschullehrern. In den Kindergärten des Landes gehen die Kinderzahlen rapide bergab. Der Trend wird nach Einschätzung von Bildungspolitikern schon bald an Grundschulen durchschlagen. Tischner will Grundschullehrer gern auch an Regelschulen und Förderschulen einsetzen, wo der Mangel an Lehrkräften besonders groß ist. „Ein weiteres Ziel, an dem wir gerade arbeiten, ist, dass wir eine modulare Lösung entwickeln wollen, wo wir Grundschullehrer auch weiterqualifizieren wollen für den Einsatz an der Förderschule“, sagte Tischner.

Nach vielen Jahren akuten Fachkräftemangels erwartet der Bildungsminister perspektivisch eine Linderung. „Es wird ja auch eine gewisse Entspannung eintreten, dass der Lehrerbedarf nicht mehr ganz so groß wird - vor allem im Grundschulbereich“, sagte Tischner.

Im neuen Schuljahr werden nach Angaben des Bildungsministeriums voraussichtlich 261.226 Kinder und Jugendliche an den 957 staatlichen und freien Thüringer Schulen im Unterricht sitzen. Im Freistaat gibt es rund 17.000 Lehrerinnen und Lehrer an staatlichen Schulen sowie 3.300 Erzieherinnen und Erzieher und 730 pädagogische Fachkräfte. 690 Lehramtsanwärter wurden im Schuljahr 2024/2025 eingestellt. Prognosen rechnen im nun begonnenen neuen Schuljahr mit 915 Lehrkräften, die in den Ruhestand wechseln.