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Mehr queerfeindliche Gewalt Mehr Schutz bei Hass: Polizei berät queere Menschen

Beleidigt, bedroht, verletzt: Die Zahl queerfeindlicher Übergriffe nimmt zu. Die Polizei schafft ein neues Angebot für Betroffene.

Von dpa Aktualisiert: 16.05.2025, 10:59
Die Polizei möchte Betroffene von queerfeindlicher Gewalt ermutigen, eine Anzeige zu stellen und sich beraten zu lassen. (Archivfoto)
Die Polizei möchte Betroffene von queerfeindlicher Gewalt ermutigen, eine Anzeige zu stellen und sich beraten zu lassen. (Archivfoto) Federico Gambarini/dpa

Bremen - Wer von queerfeindlicher Gewalt betroffen ist, kann sich ab sofort von der Bremer Polizei in geschütztem Rahmen beraten lassen. „Das ist einfach ein zusätzliches Angebot in geschützten Räumen“, sagte ein Sprecher der Polizei. Die Beamtinnen und Beamte sind sensibilisiert für queerfeindliche Gewalt, nehmen Anzeigen auf und können bei Bedarf an andere Hilfsstellen vermitteln.

Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.

Polizei möchte Hemmschwelle für Anzeigen senken

Betroffene von Diskriminierung und queerfeindlicher Gewalt seien oftmals emotional belastet, sagte ein Sprecher der Polizei. „Möglicherweise zögern sie, solche Straftaten anzuzeigen.“ Mit dem Angebot hofft die Polizei, dass sich das ändert.

Die Beamtinnen und Beamten bieten ab diesem Freitag alle zwei Wochen vormittags Termine im Präventionszentrum an. Wer queerfeindliche Gewalt erlebt oder beobachtet hat, kann vorab per Mail einen Termin ausmachen oder ohne Anmeldung vorbeikommen.

Anlaufstelle für queere Menschen unterstützt die Initiative

Der Bremer Verein „Rat und Tat – Zentrum für queeres Leben“ begrüßt das Angebot. Tatsächlich hätten sich einige queere Menschen in den vergangenen Jahren „nicht besonders sensibel“ von der Polizei behandelt gefühlt, sagte Vorstand Reiner Neumann dem Regionalmagazin „buten un binnen“. Auch seien sie in den Wartebereichen der Anzeigenaufnahme von anderen Menschen gegängelt worden. „Wir wissen, dass viele wegen solcher Geschichten nicht mehr zur Polizei gehen wollen.“ Doch das sei falsch, Betroffene sollten Anzeige erstatten.

Ein ähnliches Angebot gab es schon vor einigen Jahren in Lüneburg, wie das niedersächsische Innenministerium mitteilte. Die Polizeidirektion richtete 2019 im größten queeren Treffpunkt Lüneburgs eine Beratung sowie das Angebot zur queersensiblen Anzeigenaufnahme ein. „Trotz intensiver Öffentlichkeitsarbeit wurde dieses Angebot jedoch nur in geringem Ausmaß in Anspruch genommen, so dass das Programm wieder eingestellt worden ist.“

Immer mehr queerfeindliche Straftaten

Die Zahl der queerfeindlichen Straftaten nimmt zu. Die Bremer Polizei bearbeitete 19 Fälle im Jahr 2020, im vergangenen Jahr waren es bereits 26 Taten. Sie reichen von Beleidigung über Diebstahl und Sachbeschädigung bis hin zu Körperverletzung.

„Tatbegehende sehen queere Menschen oft als Bedrohung für traditionelle Geschlechterrollen und heteronormative Familienstrukturen“, erklärte eine Sprecherin der Polizei. Sie suchten sich ihre Opfer gezielt aus. In der Regel seien es fremde Menschen, was die Hemmschwelle für Gewalt senken könne.

Auch in Niedersachsen ist queerfeindliche Gewalt ein zunehmendes Problem. „Nach wie vor haben wir leider eine steigende Tendenz bei Straftaten zu verzeichnen, die gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität und Orientierung oder wegen ihres Geschlechts begangen werden“, berichtet Innenministerin Daniela Behrens (SPD). Das liege auch daran, dass die Taten inzwischen häufiger angezeigt werden. 

Im Jahr 2020 erfasste die niedersächsische Polizei nach eigenen Angaben 37 queerfeindliche Straftaten. Vier Jahre später waren den Einsatzkräften schon 212 entsprechende Taten bekannt. Darunter seien viele Hasspostings im Internet.

Niedersächsische Polizei setzt auf Aufklärung

Innenministerin Behrens will die zunehmende Gewalt gegen queere Menschen nicht hinnehmen. „Wir werden nicht zulassen, dass Menschen in Niedersachsen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Geschlechts zum Opfer von Straftaten werden“, sagte die SPD-Politikerin. „Die Polizei Niedersachsen ist hier stark sensibilisiert und aufmerksam.“

Die Polizei entwickelte ein eigenes Konzept, bietet intern Schulungen an und thematisiert queerfeindliche Gewalt in der Ausbildung. Außerdem gibt es in den Polizeibehörden und in der Polizeiakademie mindestens eine Ansprechperson.