Antisemitismus Meldestelle: Mehr antisemitische Vorfälle in Sachsen-Anhalt
Es sind Schmierereien, Parolen gegen Juden oder gestohlene Stolpersteine: In Sachsen-Anhalt sind vergangenes Jahr mehr antisemitische Vorfälle registriert worden. Woran liegt das?

Magdeburg - Die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Sachsen-Anhalt ist nach Angaben einer Meldestelle im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Demnach registrierte die Meldestelle Rias im vergangenen Jahr 202 antisemitische Vorfälle. Das entspricht einem Anstieg um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 2023 waren 178 Vorfälle registriert worden.
Die Zahlen zeigten deutlich, dass antisemitische Vorfälle im öffentlichen Raum geschehen würden: am Arbeitsplatz, in Bildungseinrichtungen und vor der eigenen Haustür, sagte Marina Chernivsky, Vorstand der Beratungsstelle Ofek. Das Innenministerium von Sachsen-Anhalt hatte vor einem Monat mitgeteilt, dass im vergangenen Jahr 116 antisemitische Straftaten erfasst worden waren.
Besonders auffällig seien im vergangenen Jahr die zahlreichen Diebstähle oder massiven Beschädigungen von Stolpersteinen gewesen, vor allem in zeitlicher Nähe zu verschiedenen Gedenktagen. Unter anderem wurden in Zeitz rund um den ersten Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel sämtliche Stolpersteine gestohlen. Auch in Halle wurden vor dem fünften Jahrestag des Anschlags auf die Synagoge in der Stadt mehrere Stolpersteine entfernt.
Vorfälle seien „Panoptikum der Scheußlichkeit“
Es sei ein „Panoptikum der Scheußlichkeit“, sagte Wolfgang Schneiß, Ansprechpartner für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt und gegen Antisemitismus. „Es ist widerlich, erschütternd, gefährlich, was auch in Sachsen-Anhalt Menschen denken, äußern und tun.“ Es seien Vorfälle, die gezielt eingesetzt würden, um Angst unter Jüdinnen und Juden zu verbreiten. „Wir beobachten mit besonderer Sorge, wie sehr antisemitische Vorfälle gezielt mit Signalcharakter eingesetzt werden“, sagte Schneiß. Die jüdische Gesellschaft in Deutschland werde zudem vermehrt haftbar gemacht für Regierungshandeln in Israel.
Zu den antisemitischen Vorfällen zählte der Landesverband der Meldestelle drei Angriffe, 22 gezielte Sachbeschädigungen und 16 Bedrohungen. Ein weitgehend neues Phänomen bildete ein zunehmend antiisraelischer Aktivismus. Insbesondere in Halle, aber auch in Magdeburg, hätten sich nach dem Überfall der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 entsprechende Gruppen etabliert. Diese hätten sich zunehmend radikalisiert und versuchten vor allem im Umfeld der Hochschulen politische Gegner einzuschüchtern. Dabei komme es häufig zu antisemitischen Aussagen und der Staat Israel werde delegitimiert.