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Prozess um Anti-Baby-Pille wird auf nächstes Jahr vertagt

Wie gefährlich ist die millionenfach eingenommene Anti-Baby-Pille Yasminelle? In einem Gerichtsprozess geht eine Frau gegen den Pharmariesen Bayer vor. Es steht Aussage gegen Aussage.

17.12.2015, 20:50

Waldshut-Tiengen (dpa) - Im juristischen Streit um eine mögliche Gesundheitsgefahr der Anti-Baby-Pille Yasminelle ist der Prozess kurz nach Beginn auf das kommende Jahr vertagt worden.

Das Landgericht in Waldshut-Tiengen in Baden-Württemberg betrete mit dem Verfahren Neuland, sagte der Vorsitzende Richter Johannes Daun zum Auftakt. Nach knapp fünf Stunden Verhandlung verlegte er den Prozess auf 2016. Genaue Termine stehen noch nicht fest.

Verhandelt wird zivilrechtlich die Klage der 31-jährigen Felicitas Rohrer gegen den Chemie- und Arzneimittelkonzern Bayer mit Sitz in Leverkusen. Dieser vertreibt die Pille.

Die Frau will erreichen, dass das Verhütungsmittel vom Markt genommen wird. Sie macht die Pille mit ihrem Wirkstoff Drospirenon für gesundheitliche Probleme verantwortlich. So habe das Mittel ein mindestens doppelt so hohes Thrombose-Risiko wie andere Präparate. Nach der Einnahme habe sie im Juni 2009 eine beidseitige Lungenembolie erlitten und sei fast gestorben.

Rohrer will erreichen, dass Bayer umfassend Auskunft über Yasminelle gibt. Die Frau aus Willstätt bei Offenburg fordert zudem mindestens 200 000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Notwendig sei das Hinzuziehen von mindestens zwei Sachverständigen, sagte der Richter. Diese sollen im nächsten Jahr benannt werden. Nach Angaben des Gerichts handelt es sich um die erste Klage in diesem Fall in Deutschland. Rohrer hat demnach im Juni 2011 Klage eingereicht, seither läuft das Verfahren. Am Donnerstag kamen die Kontrahenten zur ersten mündlichen Verhandlung zusammen und trafen damit erstmals direkt aufeinander. Bislang hatten sie sich schriftlich ausgetauscht.

Der Pharmakonzern halte die Klage für unbegründet, sagte der Rechtsanwalt des Unternehmens, Henning Moelle, am Rande des Prozesses. Ein Sprecher des Konzerns sagte: Durch wissenschaftliche Daten sei bestätigt, dass von der Anti-Baby-Pille und dem Wirkstoff bei korrekter Einnahme nicht die Gefahr ausgehe, wie sie in der Klage genannt werde.

Bayer beteilige sich an der Aufklärung. Durch die Arbeit der richterlich eingesetzten Gutachter könnten mögliche andere Ursachen der Lungenembolie in dem Fall abgeklärt werden. Es sei daher gut, dass das Verfahren fortgesetzt werde.

Die Pillen der Produktgruppe werden nach Darstellung von Bayer täglich millionenfach eingenommen in mehr als 100 Ländern. Bereits in drei Prozessen in Deutschland, in denen es um den umstrittenen Wirkstoff gegangen sei, habe Bayer gesiegt, betonte das Unternehmen.

Eine außergerichtliche Einigung im verhandelten Fall sei nicht möglich gewesen, betonte der Richter. Beide Seiten beharrten auch beim Prozesstermin am Donnerstag auf ihren Positionen.

In den USA hatten mehrere Tausend Frauen gegen Bayer geklagt. Bis Anfang dieses Jahres schloss der Konzern den Angaben zufolge rund 9000 Vergleiche von insgesamt 1,9 Milliarden US-Dollar ab, ohne jedoch eine juristisch wirksame Verantwortung anzuerkennen.