Flüchtlingspolitik Ramelow skeptisch bei Zuwanderungsbegrenzung
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bescheinigt den Ländern eine konstruktive Zusammenarbeit beim Thema Migration. In der Debatte um weniger Zuwanderung hat Thüringen aber eine eigene Position.
Frankfurt/Main/Erfurt - In der Bund-Länder-Debatte um weniger Zuwanderung hat Thüringen eine eigene Position - und hat das bei der Ministerpräsidentenkonferenz zu Protokoll gegeben. In der Erklärung, die Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Freitag laut Staatskanzlei abgegeben hat, werden europäische Regelungen verlangt unter anderem zur Verteilung und zu Versorgungsstandards für Geflüchtete.
„Es ist das Mindeste, die Verteilung von Schutzsuchenden und die sozialen Standards in den Mitgliedsstaaten anzugleichen. Es ist ein Armutszeugnis, dass wir das als Europäische Gemeinschaft bis heute nicht zustande gebracht haben“, äußerte Ramelow. Er erhielt dabei Unterstützung vom Thüringer Linke-Vorstand und Widerspruch von der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion.
„Es ist fatal, wie die Ampel und die Mehrheit der Länder meinen, die richtige Antwort auf Flucht und Migrationsbewegungen sei Abschottung“, erklärte Linke-Chefin Ulrike Grosse-Röthig in Erfurt. „Umso wichtiger, dass es mit Thüringen noch Stimmen gibt, die klar machen, dass es darum geht, Menschen hier eine sichere Zukunft zu geben.“
Der migrationspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Stefan Schard, kritisierte die Protokollerklärung, die einen Thüringer Sonderweg markiere. „Es braucht keine Thüringer Sonderaufnahmeprogramme, sondern vollziehbare Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern.“ Die Landesregierung müsse einsehen, dass Land und Kommunen am Ende ihrer Leistungsfähigkeit bei der Aufnahme von Flüchtlingen angekommen seien.
Ramelow erklärte nach der Ministerpräsidentenkonferenz, er erwarte von der Bundesregierung schnell eine gesetzliche Regelung, um Geflüchteten den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. „Wir trauen der Wirtschaft die Entscheidung zu, mit Geflüchteten zunächst auch ohne die Absolvierung aller bisher vorausgesetzten Kurse zu einem Arbeitsverhältnis zu kommen. In meinen Augen kann das sogar den Integrationsprozess fördern“, erklärte er. Menschen mit einer rechtlich gesicherten Bleibeperspektive den Zugang zu Erwerbsarbeit zu verwehren, sei nicht nachvollziehbar.
Ramelow sprach von einer konstruktiven Zusammenarbeit der Länder bei dem Treffen. Beim Thema Migration habe es sehr ernsthafte Diskussionen und Vorschläge gegeben, um gemeinsam mit der Bundesregierung die Herausforderungen zu meistern. Damit gehe es in die nächste Runde mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Am 6. November soll voraussichtlich eine Grundsatzentscheidung über dauerhaft höhere Bundesmittel für die Bewältigung der Flüchtlingskosten fallen.
Thüringens Regierungschef bekräftigte seine Haltung, dass die Flüchtlingsfinanzierung an die tatsächliche Zahl der zu versorgenden Menschen gebunden sein müsse und auch die Kosten der Unterkunft umfasse. „Hierzu braucht es endlich klare Zusagen der Bundesregierung zur Entlastung der Länder und Kommunen.“
Es sei in Frankfurt am Main Einigkeit darüber erzielt worden, dass es Ziel sein müsse, Asylverfahren nach drei Monaten abschließen zu können. Außerdem sei die Bundesregierung aufgefordert worden, in enger Abstimmung mit den Ländern die Voraussetzungen zur Einführung einer bundesweit einheitlichen Bezahlkarte für Geflüchtete zu schaffen und dabei die Umsetzbarkeit in den Kommunen sicherzustellen. „Eine solche Lösung wäre menschenwürdig und würde Bürokratie deutlich reduzieren“, so Ramelow.
Die Ampel-Regierung hatte am vergangenen Mittwoch einen Gesetzentwurf für erleichterte Abschiebungen vorgelegt und angekündigt, noch bestehende Arbeitsverbote für Geflüchtete demnächst größtenteils aufheben zu wollen.