Todesfall Sachsen-Anhalts Ex-Ministerpräsident Böhmer gestorben
Wolfgang Böhmer galt als bedächtiger Politiker, dem jeglicher Drang zur öffentlichen Selbstdarstellung fehlte. Viele sahen in ihm in Sachsen-Anhalt einen klassischen Landesvater. Nun ist er gestorben.

Magdeburg/Wittenberg - Der ehemalige sachsen-anhaltische Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) ist tot. Das teilte die Staatskanzlei in Magdeburg mit. Der ehemalige Gynäkologie-Chefarzt Böhmer war von 2002 bis 2011 Ministerpräsident Sachsen-Anhalts. Er verstarb nach Angaben der CDU am vergangenen Wochenende im Alter von 89 Jahren.
Seine politische Laufbahn begann Böhmer als Landtagsabgeordneter 1990. Von 1991 bis 1994 war er Finanz- und dann Sozialminister in einer CDU/FDP-Regierung. Nach einer verheerenden Wahlniederlage der Union übernahm er 1998 die Führung von Sachsen-Anhalts CDU. 2001 avancierte er zum Fraktionschef und CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2002. Mit ihm fuhr die CDU einen klaren Sieg ein und bildete mit der FDP eine Koalition. Nach vier Jahren Amtszeit fuhr Böhmer mit seiner Partei 2006 einen weiteren klaren Wahlsieg ein, musste aber wegen des schwachen FDP-Ergebnisses den Koalitionspartner wechseln und regierte fortan mit der SPD.
Ein bedächtiger Politiker
Böhmer galt als bedächtiger Politiker, dem im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen jeglicher Drang zur öffentlichen Selbstdarstellung fehlte. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) würdigste Böhmer als verlässlichen Politiker mit klarem Kurs. „So wurde er zum anerkannten Landesvater seiner Heimat. Wir trauern um ihn“, schrieb Merz auf der Plattform X. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier lobte einen auf Ausgleich und Augenmaß bedachten Politikstil Böhmers. „Er war ein Brückenbauer zwischen Ost und West, zwischen Tradition und Aufbruch.“
Bevor Böhmer in die Politik kam, verbrachte er sein Berufsleben als Arzt. Jahrzehntelang arbeitete er als Chefarzt der gynäkologischen Abteilung eines Krankenhauses in Wittenberg. Der am 27. Januar 1936 in Dürrhennersdorf (Sachsen) geborene Böhmer war verwitwet und hatte 2004 zum zweiten Mal geheiratet.
Böhmer sei einer der großen Sachsen-Anhalter gewesen, erklärte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). „Er war ein Garant des Ausgleichs und stand für die Bewahrung von Traditionen ebenso wie die Modernisierung unseres Landes. Er hat sich um Deutschland und Sachsen-Anhalt große Verdienste erworben, den Menschen Orientierung gegeben und zum Wohle unseres Gemeinwesens gewirkt.“
Einsatz für Aufbau Ost
Für Sachsen-Anhalts CDU-Chef Sven Schulze war Böhmer „ein Mensch mit Haltung und Format“. „Er war der Garant für Stabilität und Zusammenhalt – für Sachsen-Anhalt und für die CDU. Wir werden ihn als Ratgeber und Persönlichkeit sehr vermissen.“
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte Böhmers Verdienste für Ostdeutschland in der Zeit nach der Wiedervereinigung. „Sein Einsatz für den Aufbau Ost, sein Engagement für die Menschen und sein klarer Kompass haben bleibende Spuren hinterlassen“, erklärte der sächsische Regierungschef. Böhmer sei ein überzeugter Demokrat und kluger Landesvater gewesen. „Wir verlieren mit ihm eine prägende Persönlichkeit der deutschen Politik nach der Wiedervereinigung“, so der CDU-Politiker.
Keine Bühne für Eitelkeiten
Auch Vertreter anderer Parteien würdigten Böhmer. Er sei ein Politiker alten Zuschnitts gewesen, „verlässlich im Wort, verbindlich im Ton und unerschütterlich in der Haltung“, erklärten die beiden Vorsitzenden der SPD Sachsen-Anhalt, Juliane Kleemann und Andreas Schmidt. „Er verstand Politik nie als Bühne für Eitelkeiten, sondern als Aufgabe für das Gemeinwesen. Dass Sachsen-Anhalt heute eine verlässliche Rolle im föderalen Gefüge der Bundesrepublik spielt, ist auch sein Verdienst“, erklärten Kleemann und Schmidt in einer Mitteilung.
Auch Olaf Meister, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Landtagsfraktion würdigte Böhmer. „Wolfgang Böhmer war kein lauter, aber ein verlässlicher Landesvater“, sagte er. Sachsen-Anhalts FDP-Chefin und Vize-Ministerpräsidentin Lydia Hüskens nannte Böhmer eine Identitätsfigur. „Er gab den Menschen Mut, Selbstbewusstsein und Hoffnung“, erklärte sie. Böhmer habe einen besonderen Draht zu den Menschen in Sachsen-Anhalt gehabt, ohne ihnen nach dem Mund zu reden.