Landgericht Osnabrück Schmerzensgeld für Mutter von totgeschütteltem Kind

Osnabrück - Das Landgericht Osnabrück hat der Mutter eines von ihrem Lebensgefährten zu Tode geschüttelten Kindes Schmerzensgeld zugesprochen. Im August 2017 hatte der Mann, der auf die beiden Kinder seiner damaligen Partnerin aufpassen sollte, eines der Kinder so heftig geschüttelt, dass es an den Folgen eines Schütteltraumas mit erheblichen Gehirnverletzungen starb. Laut Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts muss er der Mutter jetzt das Schmerzensgeld von insgesamt 35.000 Euro zahlen, wie ein Gerichtssprecher am Freitag mitteilte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az.: 1 O 1857/21).
Das Gericht stellte eine psychische Beeinträchtigung mit einem Krankheitswert bei der klagenden Mutter fest. Ein Gutachter hatte der Frau eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert.
Auch dem 13 Monate alten Jungen habe ein Schmerzensgeld zugestanden, denn er sei erst nach der Aufnahme im Krankenhaus ins Koma gefallen. Dieser Schmerzensgeldanspruch sei auf die Klägerin im Wege der gesetzlichen Erbfolge übergegangen. Der Mann solle außerdem für sämtliche zukünftigen materiellen und derzeit noch nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden einstehen, die der Klägerin wegen des Todes ihres Sohnes entstünden, so das Gericht.
Das Urteil wurde möglich, nachdem der Bundesgerichtshof im Dezember 2022 seine frühere Rechtsprechung aufgab und damit die Hürde für die Zubilligung eines Schmerzensgeldes niedriger wurde. Zuvor konnte bei der Tötung eines nahen Angehörigen nur dann ein Schmerzensgeld zugesprochen werden, wenn gesundheitliche Störungen außergewöhnlichen Ausmaßes vorlagen.
Das Landgericht Osnabrück hatte den damals 31 Jahre alten Lebensgefährten der Mutter im April 2018 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Der angeklagte Pole hatte gestanden, das 13 Monate alte Kind so stark geschüttelt zu haben, dass es wenige Tage später in einem Krankenhaus an seinen inneren Verletzungen starb. Der Mann, der als Paketfahrer arbeitete, war an dem Abend ohne die Mutter mit dem Kind allein in der Wohnung. Seinen Aussagen zufolge hatte er sich darüber geärgert, dass seine Lebensgefährtin den Abend bei Freundinnen im Nachbarhaus verbracht und Alkohol getrunken hatte.