Koalitionsvertrag Schwarz-Rot will für Berlin nur „das Beste“
Nach dreiwöchigen Verhandlungen steht der Koalitionsvertrag von CDU und SPD in Berlin. Bei der Präsentation stellen beide Parteien große Harmonie zur Schau. Die SPD-Spitze um Giffey muss das Gesamtwerk nun noch ihrer Basis erklären.

Berlin - Schluss mit dem „Behörden-Ping-Pong“, eine bessere Ausstattung der Polizei und der Turbo beim Wohnungsbau: Die geplante schwarz-rote Koalition in Berlin will die Hauptstadt, die zuletzt sogar eine Wahl wegen vieler Pannen wiederholen musste, besser zum Laufen bringen und für mehr Sicherheit sorgen.
„Wir wollen einen Aufbruch für die Stadt und wir wollen Erneuerung“, sagte der voraussichtliche künftige Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Montag bei der Vorstellung des innerhalb von gut drei Wochen ausgehandelten Koalitionsvertrags, der den Titel „Das Beste für Berlin“ trägt. Die Stadt müsse besser funktionieren. Die bisherige Regierungschefin Franziska Giffey (SPD), die in der neuen Landesregierung einen Senatorenposten übernehmen soll, sprach von einer „Richtungsänderung“.
Auch in der Verkehrspolitik setzen sich die Koalitionäre in spe von der bisherigen, 2016 erstmals gebildeten und 2021 erneuerten Koalition aus SPD, Grünen und Linken ab. Die Verkehrswende wollen sie mit einem Ausbau des ÖPNV, engeren Takten und neuen Schienenstrecken voranbringen, auch neue Radwege werde es geben. „Wir wollen aber auch dafür sorgen, dass Menschen mit dem Auto auch noch in dieser Stadt ihren Platz haben“, sagte Wegner. Viele seien darauf angewiesen. Er sprach von einer „Mobilitätswende mit Angeboten statt Verboten“.
Beim Klimaschutz scheinen CDU und SPD die Grünen quasi überholen zu wollen. Sie planen ein Sondervermögen von fünf bis zehn Milliarden Euro, um energetische Sanierung, Umbau der Mobilität und die Umstellung auf erneuerbare Energie voranzubringen. Klimaschutz sei „Topthema“, so Wegner. Das Programm sei bundesweit einmalig. Giffey bezeichnete den Klimaschutz als zentrale Zukunftsfrage. „Berlin soll Vorreiter sein auf dem Weg zu einer klimaneutralen Stadt.“
Auch im Hinblick auf die bunte Multikulti-Stadt Berlin schlägt Schwarz-Rot Töne an, die so nicht von jedem erwartet wurden - schon gar nicht nach den jüngsten Silvesterkrawallen und der anschließenden heftigen Debatte um Täter mit Migrationshintergrund. „Berlin ist eine internationale, eine weltoffene, eine bunte, eine vielfältige Metropole“, sagte Wegner. Das müsse so bleiben und geschützt werden. „Denn in dieser Stadt wird jeder nach seiner Fasson glücklich, egal woher er kommt, egal was er glaubt, egal wen er liebt.“
Ein zentrales Projekt wollen beide Parteien schnell nach der Regierungsübernahme voranbringen: Eine umfassende Reform der in Berlin oft von Ineffizienz und Kompetenz-Wirrwarr geprägten Verwaltung. Ziel sind schnellere Termine für die Menschen beim Bürgeramt, klarere Zuständigkeiten zwischen Landesebene und Bezirken und eine Beschleunigung der Verfahren. Die Einrichtung eines Zebrastreifens soll also künftig nicht mehr Jahre dauern und diverse Behörden und Arbeitsgruppen in 18 Verfahrensschritten beschäftigen.
In der neuen Landesregierung übernehmen CDU und SPD jeweils fünf Senatsverwaltungen (Ministerien). Hinzu kommt für die CDU der Chefsessel im Rathaus. Giffey wertete die Ressortverteilung als Beleg dafür, dass beide Parteien „auf Augenhöhe“ zusammen regieren wollten. Die CDU hatte bei der Abgeordnetenhauswahl im Februar als Sieger mit gut 28 Prozent etwa zehn Punkte Vorsprung vor der SPD.
Bevor der neue schwarz-rote Senat loslegen kann, sind noch zwei Hürden zu überwinden. Die SPD startet am Dienstag ein Mitgliedervotum dazu, dessen Ergebnis am 23. April bekanntgegeben wird - also in rund drei Wochen. Die CDU entscheidet einen Tag später über das Regierungsprogramm bei einem Parteitag. Am 27. April soll CDU-Landeschef Wegner dann im Abgeordnetenhaus zum Regierungschef gewählt werden, unmittelbar danach ernennt er seine Senatorenriege. Welche Person welchen Posten übernimmt, darunter Giffey, soll erst kurz vorher verkündet werden.
Dass das Projekt Schwarz-Rot an der Parteibasis noch scheitert, glauben nur wenige, obwohl es vor allem in der SPD Widerstand dagegen gegeben hatte. Dort hatten etliche Mitglieder und die Jusos dafür plädiert, die Dreierkoalition mit Grünen und Linken fortzusetzen. Im neuen Abgeordnetenhaus hätte ein solches Bündnis weiterhin eine Mehrheit gehabt. SPD-Chefin Giffey hätte in dieser Koalition sogar Regierende Bürgermeisterin bleiben können.
Doch sie entschied sich gemeinsam mit der übrigen Parteispitze, als Juniorpartner mit dem Wahlsieger CDU zu koalieren - und hofft, dass der ausgehandelte Koalitionsvertrag die innerparteilichen Kritiker dieses Schwenks besänftigt. Die SPD könne ihren Mitgliedern nun ein Gesamtwerk vorlegen, „das mehr ist, als wir bisher hatten“, sagte Giffey.