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Werbung Senat: Volksbegehren für Werbeverbote in Berlin zulässig

Eine Bürgerinitiative stößt sich an der Vielzahl von Werbeflächen in Berlin und will diese teils verbieten. Gut möglich, dass darüber bald die Bürger abstimmen können.

Von dpa Aktualisiert: 05.08.2025, 16:48
Eine Bürgerinitiative macht schon seit Jahren gegen kommerzielle Werbung in der Stadt mobil. (Symbolbild)
Eine Bürgerinitiative macht schon seit Jahren gegen kommerzielle Werbung in der Stadt mobil. (Symbolbild) Christoph Soeder/dpa

Berlin - Nach jahrelangem Stillstand hat das Berliner Volksbegehren für weniger Werbung in der Stadt eine wichtige Hürde genommen. Der Senat erklärte einen von den Initiatoren schon vor längerer Zeit vorgelegten Gesetzentwurf für zulässig. Gleichzeitig lehnte er das Ziel des Entwurfs ab, der vor allem auf ein Verbot digitaler kommerzieller Werbung im öffentlichen Raum abzielt. Damit ist nun das Abgeordnetenhaus am Zug. 

Es kann den Gesetzentwurf innerhalb einer Frist von vier Monaten weitgehend unverändert annehmen oder ablehnen. Für den letzteren Fall, der als wahrscheinlich gilt, kündigte die Initiative „Volksentscheid Berlin werbefrei“ an, Anfang Januar kommenden Jahres eine Unterschriftensammlung als zweite Stufe des Volksbegehrens zu starten. 

Volksentscheid am Wahltag möglich 

Kämen dabei bis Ende April 2026 die Unterschriften von mindestens sieben Prozent der Wahlberechtigten zusammen - das sind gut 170.000 Menschen - würde ein Volksentscheid folgen. Dabei können die Bürger wie bei einer Wahl abstimmen. Als Termin peilt die Initiative den 20. September 2026 an, den Tag der Wahl zum Abgeordnetenhaus.

Litfaßsäule soll bleiben

Die Initiative möchte nach den Worten von Sprecher Fadi El-Ghazi eine Reduzierung der Werbung auf ein „stadtverträgliches“ Maß erreichen. Digitale Werbetafeln, die im Stadtbild vielfach zu sehen sind, sollen demnach ganz verboten werden. „Die klassische Litfaßsäule wird es auch in Zukunft geben“, sagte El-Ghazi. Das gelte auch für Plakate etwa in U-Bahnhöfen. 

Verbieten wiederum wollen die Initiatoren des Volksbegehrens Werbung in Schulen, Kitas oder Behörden und sogenannte Blow-up-Werbung an Gebäuden. Dazu zählen riesige Banner, die - zeitweise angebracht an Baugerüsten - eine ganze Häuserfassade bedecken. Strenge Regeln soll es nach Angaben El-Ghazis für Sponsoring geben. 

Optische Dominanz von Werbung?

Die Initiative beklagt auf ihre Webseite eine „zunehmende optische Dominanz von Werbung im Stadtraum“, die sich negativ auf Straßenbild, architektonische und städtebauliche Gestaltung auswirke. Die Digitalisierung von Werbeanlagen verschärfe das Problem: „Die animierten und bewegten Inhalte solcher Anlagen ziehen die Aufmerksamkeit auf sich und erzeugen eine unerwünschte Unruhe im Stadtraum.“ Die damit verbundene Lichtverschmutzung habe negative Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Natur.

Senat sieht keinen Handlungsbedarf 

Nach Einschätzung des schwarz-roten Berliner Senats sind die aktuell geltenden Regelungen ausreichend, um eine Verunstaltung des öffentlichen Raums oder eine Verletzung der staatlichen Neutralitätspflicht auszuschließen. Die Interessen des Staates, der Bevölkerung, der Werbewirtschaft und der werbenden Unternehmen würden angemessen berücksichtigt, hieß es zur Begründung für die Ablehnung des Gesetzentwurfes der Bürgerinitiative. 

Los ging es schon 2018

Die Geschichte des Volksbegehrens hat schon mehrere Kapitel und reicht Jahre zurück. Bereits 2018 sammelten die Initiatoren mehr als 30.000 gültige Unterschriften für ihr Anliegen und brachten das Volksbegehren damit in Gang. Der damals rot-rot-grüne Senat stufte das Begehren 2019 als unzulässig ein, weil es zu sehr in Eigentumsrechte eingreife. 

Der Senat kassierte dafür 2020 eine Niederlage vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof: Die Richter wiesen die Bedenken zurück und rügten, der Senat habe der Initiative nicht die Chance gegeben, ihren Entwurf nachzubessern. Bis der Senat seine damalige Entscheidung revidierte, gingen Jahre ins Land.

Appell an das Parlament

Nun liegt der Ball im Abgeordnetenhaus, das im Moment in der Sommerpause ist. El-Ghazi appellierte an das Parlament, das Gespräch mit der Initiative zu suchen mit dem Ziel, den Gesetzentwurf zu beschließen. Man sei an konstruktiven Gesprächen interessiert und auch offen für mögliche Änderungen, so der Sprecher.

Unterstützung von Grünen und Linken

Die Grünen signalisierten Unterstützung und warnten die Koalition davor, das Anliegen „reflexartig“ abzulehnen. „Die zunehmende Kommerzialisierung des öffentlichen Raums wird zu Recht kritisiert“, erklärte der Grünen-Landesvorsitzende Philmon Ghirmai. Die Menschen in der Stadt wollten zu Recht mitentscheiden, wie dieser Raum gestaltet wird. 

Ähnlich argumentierte der Linken-Landesvorsitzende Maximilian Schirmer. „Man kann der Werbung im Straßenbild kaum noch entkommen“, meinte er. „Unsere öffentlichen Plätze sollten Orte der Lebens- und Aufenthaltsqualität für die Leute sein und keine erweiterte Verkaufsfläche für Konzerne.“

Volksbegehren in Hamburg 

Eine ganz ähnliche Auseinandersetzung gab es in Hamburg, wo Bürger ebenfalls ein Volksbegehren gegen zu viel Werbung starteten. Auch hier lehnte der Hamburger Senat dieses zunächst ab, das Landesverfassungsgericht gab jedoch 2024 den Initiatoren recht. Im Mai dieses Jahres scheiterte das Volksbegehren dann, weil zu wenig Unterstützerunterschriften zusammenkamen.