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KommunenStädte schlagen Alarm: Selbst Pflichtaufgaben in Gefahr

Müllabfuhr, Schule, Kita und Co.: Die Aufgaben der Kommunen sind aus dem Alltag kaum wegzudenken. Allerdings geht immer mehr Städten und Gemeinden das Geld aus, warnt der Niedersächsische Städtetag.

Von dpa Aktualisiert: 27.09.2023, 17:14
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) spricht beim Städtetag in Hannover.
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) spricht beim Städtetag in Hannover. Julian Stratenschulte/dpa

Hannover - Niedersachsens Städte fordern eindringlich mehr Geld, um selbst Aufgaben wie die Müllabfuhr oder den Betrieb von Schulen, Kitas und Krankenhäusern wie bisher aufrechterhalten zu können. Die Politik in Bund und Land erdrücke die Kommunen mit immer mehr Aufgaben, ohne diese ausreichend zu finanzieren, kritisierte der Präsident des Niedersächsischen Städtetags (NST), Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU), am Mittwoch. Fast allen Kommunen werde daher in den nächsten Jahren Geld fehlen. Die Städte müssten dann entscheiden, welche Pflichtaufgaben überhaupt noch mit welchem Standard wahrgenommen werden sollen.

„Die Räte können kaum noch gestalten, sondern müssen Mangel verwalten“, sagte Klingebiel. Er bezeichnete die nächsten beiden Jahre als Schicksalsjahre, in denen sich zeigen werde, ob der Staat handlungsfähig bleibe. Klingebiel forderte unter anderem, den Anteil der Kommunen an den Einnahmen des Landes von 15,5 auf mindestens 17,5 Prozent anzuheben. „Unsere Finanzlage ist alarmierend“, sagte auch Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne).

Innenministerin Daniela Behrens versprach den Städten daraufhin einen intensiven Austausch über die künftige Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs, auch mit dem Finanzministerium. „Ich habe kein Interesse daran, dass die wesentliche Ebene des Staates - nämlich die Städte und Gemeinden - in die Knie geht“, sagte die SPD-Politikerin.

Unterstützung bekamen die Städte von der Ministerin auch bei ihrer Forderung nach mehr Geld vom Bund für die Flüchtlingsaufnahme. „Wir haben derzeit keine faire Kostenverteilung, was die Situation der Unterbringung von Geflüchteten angeht“, sagte Behrens. „Wir sehen da vor allen Dingen den Bund in der Pflicht.“ Die Landesregierung erwarte daher vom Bund-Länder-Gipfel mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Anfang November einen faireren Lastenausgleich.

Ministerpräsident Stephan Weil zufolge haben sich Bund und Länder mittlerweile darauf verständigt, dass sich die Zahlungen des Bundes künftig wieder an der Zahl der Geflüchteten orientieren sollen. „Es gab Einvernehmen über den Einstieg in ein atmendes System für alle Geflüchteten“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch. Über die Höhe einer solchen Kopfpauschale sei in einer Arbeitsgruppe von Bund und Ländern aber noch keine Einigung erzielt worden. Die Bundesländer fordern seit Monaten ein System mit Zahlungen pro Kopf anstelle von schlecht planbaren Einmalzahlungen.

Niedersachsen hat in diesem Jahr bereits mehr als 20.000 Asylsuchende aufgenommen, wie Innenministerin Behrens sagte - und das, obwohl die Herbstmonate, in denen üblicherweise besonders viele Menschen kämen, noch bevorstehen. „Wir packen gerade alle Standorte voll“, sagte Behrens über die Unterkünfte des Landes. Von Oktober an sollen daher auch die Städte wieder mehr Menschen aufnehmen als zuletzt.

Das Land wolle aber auch die Kapazität der Landesaufnahmebehörde weiterhin erhöhen, sagte Behrens. Geplant sind bis zu 20.000 Plätze bei der Landesaufnahmebehörde. Aktuell verfügen deren Standorte nur über 9500 Plätze - auch, weil in den nächsten beiden Monaten die Messe bei Hannover mit rund 3000 Plätzen nicht genutzt werden kann.

Hannovers OB Onay warnte derweil vor Forderungen, die Flüchtlingszahlen müssten begrenzt und mehr Menschen abgeschoben werden. „Das Grundrecht auf Asyl gilt“, betonte der Grünen-Politiker. „Hören wir auf, solche Schattenlösungen zu konstruieren, die die politische Debatte vergiften und niemandem helfen, außer den Rechtspopulisten.“ Was die Kommunen wirklich bräuchten, sei mehr Unterstützung bei der Aufnahme und Integration der Geflüchteten.