Schauspielerin Abschied von einer Film-Ikone - Claudia Cardinale ist tot
Claudia Cardinale zählte zu den Filmikonen Italiens. Auf der Leinwand war es zuletzt ruhiger um sie geworden. Dafür setzte sie sich umso lauter als Aktivistin für Frauenrechte ein.

Rom - Begonnen hatte alles in Tunesien. Auf einem Schönheitswettbewerb in der Hauptstadt Tunis wurde Claudia Cardinale als schönste Italienerin Tunesiens gekürt. Sie bekam eine Reise zum Filmfest von Venedig geschenkt, wo sie schließlich auf den Geschmack kam. Eine jahrzehntelange Schauspielkarriere begann, die die Frau mit dem fulminanten Namen bis nach Hollywood und an die Seite der größten Kinostars brachte.
Nun ist Cardinale im Alter von 87 Jahren gestorben. Italiens Kulturminister Alessandro Giuli würdigte sie als „eine der größten italienischen Schauspielerinnen aller Zeiten“. Zunächst hatte die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Cardinales Agent Laurent Savry über ihren Tod berichtet.
„La Cardinale“, wie sie oft nur genannt wird, bildete zusammen mit den zwei Stars Sophia Loren und Gina Lollobrigida das Dreigestirn der italienischen Filmdiven der 60er Jahre. Doch Cardinale blieb im Vergleich zu ihren beiden Kolleginnen international etwas weniger bekannt. Dabei konnte sie alles bieten, was einen Weltstar ausmacht: schauspielerisches Talent, eine starke Ausstrahlung und eine Karriere in Hollywood. Sie spielte mit allen wichtigen Schauspielern ihrer Zeit.
Cardinale wurde mit Komplimenten überhäuft. „Schönste italienische Erfindung nach Spaghetti“ nannte sie ihr Schauspielpartner David Niven aus dem Streifen „Der rosarote Panther“ (1963). Im Maghreb geboren und zuletzt in Frankreich zu Hause, fühlte sie sich immer als Italienerin - als Süditalienerin wohlgemerkt. Auch das Mittelmeerland schmückte sich mit dem „unzähmbaren“ Kinostar, der sich nach einer aufregenden Filmkarriere als Aktivistin für Frauenrechte engagierte.
Kindheit in Tunesien als „goldenes Zeitalter“
Die temperamentvolle Italienerin blickte auf eine berauschende Karriere und ein bewegtes Leben zurück. Sie reüssierte in Produktionen von Koryphäen des italienischen Films und erlangte mit ihren Rollen internationale Bekanntheit. Mit Fellinis „8 1/2“, Viscontis „Der Leopard“ (beide 1963) sowie Sergio Leones Italo-Western „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) sicherte sie sich einen Platz in der Filmgeschichte.
In ihren letzten Filmen sah man sie als Matriarchin oder Großmutter. In der Netflix-Produktion „Rogue City“ (2020) und dem anspruchsvollen Drama „The Island of Forgiveness“ (2022), das das Leben eines Tunesiers italienischer Abstammung behandelt, spielte sie zuletzt Nebenrollen.
Cardinale hatte eine starke Verbindung zu Tunesien. Sie kam 1938 in Tunis als Tochter sizilianischer Auswanderer zur Welt und wuchs dreisprachig - mit Französisch, Arabisch und dem Sizilianischen - auf. Ihre Kindheit in dem nordafrikanischen Land beschrieb die Filmdiva einmal als „goldenes Zeitalter“ voller „magischer Momente“. In ihrer alten Heimat ist man bis heute stolz: La Goulette, ein Vorort Tunis', in dem Cardinale geboren wurde, benannte 2022 feierlich eine Straße nach ihr - sie war damals höchstpersönlich vor Ort.
Kämpferin für Frauenrechte
„Die Unzähmbare“ wurde sie oft genannt. Ein Buch über ihr Leben, das ihre Tochter Claudia Squitieri herausgegeben hat, heißt genau so. „Claudias Unzähmbarkeit ist ein roter Faden, der sich durch ihr ganzes Leben zieht. Sie findet sich in den Entscheidungen ihres Lebens ebenso wie in ihren Rollen wieder“, schreibt die Tochter - mit der Cardinale zusammen im französischen Fontainebleau wohnte - im Vorwort des Buches.
So einigen Leinwand-Casanovas, die ihr Avancen machten, habe sie die kalte Schulter gezeigt. So schilderte es Cardinale selbst. Von Marlon Brando bis Alain Delon hätten es viele versucht, aber sie habe alle abgewiesen.
Selbstbestimmung und das Eintreten für Frauenrechte waren ihr immer wichtig. Cardinale war eine Unterstützerin von Bewegungen wie #MeToo oder Time's Up. Als junge Frau wurde sie vergewaltigt und schwanger von ihrem Peiniger. Ihren Sohn gab sie damals auf Drängen ihres damaligen Partners und Managers als kleinen Bruder aus. Spätestens als Unesco-Botschafterin habe sie das Grauen gesehen, das anderen Frauen angetan wird.
Auf der Kinoleinwand wurde es in den letzten Jahren ruhiger um Cardinale, doch mehr denn je glänzte sie zuletzt als Kämpferin für Frauenrechte. In einem Interview gab sie jungen Menschen einen Rat mit auf den Weg: „Es sind unsichere Zeiten für uns alle. Jungen Menschen, insbesondere Mädchen, gebe ich nur einen Rat: Schützt eure Würde. Immer, jederzeit, unter allen Umständen.“
