Todesfall Leinwandidol ohne Starallüren: Robert Redford ist tot
Robert Redford war ein Hollywood-Rebell. Er lebte fernab in den Bergen von Utah und in Nordkalifornien mit seiner deutschen Frau. Seine Liebe galt dem Independent-Kino und der Umwelt.

Los Angeles - Die Filmwelt trauert um ein Leinwandidol: Der US-Schauspieler und Regisseur Robert Redford ist tot. Er starb im Alter von 89 Jahren in seinem Haus im US-Bundesstaat Utah, wie seine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.
Charmanter Gauner - und Rebell?
Als charmanter Ganove war Redford vor mehr als 50 Jahren zum Hollywood-Star geworden. In der Western-Komödie „Zwei Banditen“ (1969, Originaltitel: Butch Cassidy and the Sundance Kid) raubte er zusammen mit Paul Newman Eisenbahnen und Banken aus. Ergraut, aber immer noch mit dem charismatisch-umwerfenden Lächeln, zückte Redford in „Ein Gauner & Gentleman“ (2018) als alter Bankräuber Forrest Tucker noch einmal die Waffen. Tucker habe Spaß an seinem Gaunerleben gehabt, erzählte der Star damals dem „San Francisco Chronicle“. Er selber habe von klein auf eine rebellische Seite gehabt und sich immer wie ein Außenseiter gefühlt.
In dem Superhelden-Spektakel „Avengers: Endgame“ (2019) zeigte er als Agent Alexander Pierce seine Bösewicht-Seite. Diese Nebenrolle war sein letzter Auftritt vor der Filmkamera. Im Interview mit der Zeitschrift „Rolling Stone“ sagte Redford im April 2021, dass er die Arbeit vor oder hinter der Kamera nicht vermisse. Diesen Job wollte er nun anderen überlassen.
Der lange Weg in die Filmwelt
Sein Aufstieg in Hollywoods Star-Riege war eher holprig. Geboren wurde Redford im kalifornischen Santa Monica, am Rand der Filmmetropole. Als Sohn eines Buchhalters wuchs er in einfachen Verhältnissen auf. Ein Sport-Stipendium verschaffte ihm Zutritt zu der Universität von Colorado. Der junge Redford trampte durch Europa, verkaufte selbstgemalte Bilder und schaffte es schließlich über Umwege in eine New Yorker Schauspielschule.
„Hollywood war nie mein Traumziel“, erzählte er 2013 dem Magazin „Esquire“. Den Starrummel habe er nie ernst nehmen können. „Ich wurde nebenan geboren“, betonte Redford. Doch nach Filmen wie „Barfuß im Park“ mit Jane Fonda und der Westernkomödie „Zwei Banditen“ mit Paul Newman wurde Redford Ende der 1960er Jahre schnell zum Leinwandidol. Die stahlblauen Augen, das kantige Gesicht und der blonde Haarschopf halfen.
Liebhaber auf der Leinwand, Privatleben im Verborgenen
Auf der Leinwand glänzte er als Liebhaber, etwa mit Mia Farrow in „Der große Gatsby“ (1974) oder an der Seite von Meryl Streep in dem preisgekrönten Melodram „Jenseits von Afrika“ (1985). Doch sein Privatleben hielt er stets unter Verschluss und aus den Schlagzeilen raus.
Bereits mit 22 Jahren heiratete er die spätere Historikerin Lola Van Wagenen. Die Ehe der vierfachen Eltern wurde 1985 geschieden. Ihr erstgeborener Sohn starb im Alter von wenigen Monaten. Sohn James, ebenfalls Filmemacher, erlag 2020 mit 58 Jahren einer Krebserkrankung.
Die zweite Hochzeit feierte Redford in Hamburg. Dort gab er 2009 seiner langjährigen deutschen Freundin, der Malerin Sibylle Szaggars, das Jawort. Auf Filmpartys sah man das Paar selten. Redford, der begeisterte Skifahrer, Reiter und Wanderer, lebte fernab vom Rummel in einem Landhaus im US-Staat Utah und in Nordkalifornien.
Unabhängige Film-Produktionen fördern
In den Rocky Mountains rief er 1980 das „Sundance Institute“ ins Leben. Inzwischen ist das Sundance-Festival das größte US-Filmfest für unabhängige Produktionen - jedes Jahr trifft sich dort im Januar die Independent-Szene. Redford sah es als seine Mission, junge, kritische Stimmen zu fördern.
Er habe nichts gegen das Mainstream-Kino von Hollywood, sagte er 2016 bei der Eröffnung. Doch ihm komme es vor allem darauf an, die Vielfalt von Independent-Produktionen zu unterstützen. „Vielfalt kommt von dem Wort Unabhängigkeit, nach diesem Prinzip arbeiten wir hier“, betonte der Oscar-Preisträger.
Aktivist auf und hinter der Leinwand
Zudem war er ein engagierter Umweltaktivist und Naturschützer. Seinen „Weckruf“ habe er 1989 erlebt, bei einer Konferenz in Denver, als zwei Wissenschaftler vor der Erderwärmung warnten, sagte Redford 2021 dem „Rolling Stone“-Magazin.
Auch auf der Leinwand oder im Regiestuhl bezog er häufig Position. Als Hauptdarsteller in der Wahl-Satire „Bill McKay - Der Kandidat“ wurde er schon 1972 politisch. In dem Drama „Die Unbestechlichen“ (1976) verwandelte er sich mit Dustin Hoffman in die „Watergate“-Spürhunde der „Washington Post“, die Richard Nixon zu Fall brachten. In seinem wortlastigen Drama „Von Löwen und Lämmern“ (2007) thematisierte Redford Kriegslust und Inkompetenz in Washington, unkritischen Journalismus und Fernsehverdummung.
Höchste Ehren
Als Schauspieler lief er in dem Überlebensdrama „All Is Lost“ mit 77 Jahren zur Höchstform auf. Er spielt einen Segler, der alleine auf seiner leck geschlagenen Jacht im Ozean treibt. Bei den Dreharbeiten ging er an seine körperlichen Grenzen. Doch die erhoffte Oscar-Nominierung für „All Is Lost“ blieb 2014 überraschend aus.
Seine einzige Oscar-Gewinnchance als Schauspieler hatte Redford an der Seite von Paul Newman in der Gaunerkomödie „Der Clou“ (1973). Doch die Trophäe ging damals an Jack Lemmon für die Satire „Save the Tiger“. In seiner langen Karriere gewann Redford nur einen Goldjungen, 1981 als Regisseur für seinen Debütfilm „Eine ganz normale Familie“. Ein Trostpflaster: 2002 ehrte ihn die Filmakademie mit einer Trophäe für sein Lebenswerk.
Mit 81 Jahren stand er dann zusammen mit Jane Fonda im Rampenlicht. Das Filmfest in Venedig verlieh den beiden Leinwandveteranen 2017 den Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk. Dort stellten sie auch das Liebesdrama „Our Souls at Night“ vor, in dem sie Nachbarn spielen, die sich langsam annähern. „Ich wollte unbedingt wieder mit Jane arbeiten, bevor ich tot bin“, flachste Redford damals vor Reportern.
„Ich würde alles wieder so machen“
Auch zuvor äußerte er sich schon zufrieden über sein Leben. „Ich würde alles wieder so machen, auch die Fehler, die gehören dazu, das ist Teil des Lebensprozesses“, sagte der Schauspieler und Regisseur 2013 der Deutschen Presse-Agentur, als er sein neuntes Regiewerk, den Politthriller „The Company You Keep - Die Akte Grant“, vorstellte. Er bedauerte also nichts? „Im Beruflichen nichts, vielleicht im Privaten, aber das werde ich Ihnen nicht sagen.“