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Schwarzbuch Steuerzahlerbund kritisiert teure Projekte in Sachsen-Anhalt

Teure Mieten für Ministerien, Millionenverlust bei einer Schwimmhalle, Softwareprobleme im Abhörzentrum: Der Bund der Steuerzahler rechnet mit Sachsen-Anhalt ab. Was steckt hinter den Vorwürfen?

Von Christopher Kissmann, dpa Aktualisiert: 30.09.2025, 15:13
Die Mietzahlungen einiger Ministerien werden aus Sicht des Bunds der Steuerzahler zu einem „Millionengrab“. (Archivbild)
Die Mietzahlungen einiger Ministerien werden aus Sicht des Bunds der Steuerzahler zu einem „Millionengrab“. (Archivbild) Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - Der Bund der Steuerzahler in Sachsen-Anhalt kritisiert Verzögerungen bei mehreren Projekten im Land und wirft dem Staat eine Verschwendung von Steuergeldern vor. Diese Fälle tauchen im neuen „Schwarzbuch“ des Verbands auf:

Hohe Mieten für Ministerien

Die Mietzahlungen einiger Ministerien werden aus Sicht des Bunds der Steuerzahler zu einem „Millionengrab“. Allein im Jahr 2025 betrage der Mietpreis für die Anmietung der Räumlichkeiten des Wirtschaftsministeriums, des Wissenschaftsministeriums sowie des Infrastrukturministeriums zusammen rund 3,1 Millionen Euro. Die vorhandene Infrastruktur an landeseigenen Gebäuden müsse grundsätzlich ausreichen, um den Flächenbedarf zu decken, fordert die Organisation.

Das Finanzministerium will die Abhängigkeit vom Immobilienmarkt reduzieren. „Dafür wird geprüft, ob es wirtschaftlich darstellbar ist, angemietete Liegenschaften zu kaufen oder einen landeseigenen Ersatzneubau zu errichten“, sagte eine Sprecherin von Minister Michael Richter (CDU). Ziel seien insbesondere in der Landeshauptstadt flexibel nutzbare Behördenstandorte. Es komme bei größeren Baumaßnahmen jedoch immer auch auf die jeweilige Haushaltslage an.

Einführung der E-Akte in der Justiz dauert

Um im Justizbereich Papier und damit Kosten zu sparen, sollte die Einführung der elektronischen Akte in Sachsen-Anhalt spätestens im Jahr 2025 abgeschlossen sein. Doch das sei trotz einzelner Fortschritte nicht gelungen, bemängelt der Steuerzahlerbund. Auch wenn das Justizministerium die Auswirkungen nicht konkret beziffern könne, führten die Verzögerungen zu zusätzlichen Kosten in Millionenhöhe.

Das Justizministerium teilte auf Anfrage mit, der bisherige Zustand sei unbefriedigend, weshalb die Maßnahmen in der jüngsten Vergangenheit erheblich beschleunigt und intensiviert worden seien. „Allein im Jahr 2024 hat die Justiz in die Digitalisierung mehr als 20 Millionen Euro investiert“, sagte ein Sprecher von Justizministerin Franziska Weidinger (CDU). Auch in diesem Jahr seien Investitionen in IT-Infrastrukturmaßnahmen in ähnlicher Höhe vorgesehen, um die Digitalisierung voranzutreiben. „Wir kommen voran, haben aber noch zahlreiche schwierige Herausforderungen und Maßnahmen zu meistern.“

Softwareprobleme im Abhörzentrum

Ursprünglich sollte das Gemeinsame Kompetenz- und Dienstleistungszentrum (GKDZ) mit Sitz in Leipzig 2024 betriebsbereit sein. An dem Abhörzentrum der Polizei beteiligt sind die Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Polizei darf eine Telekommunikationsüberwachung zur Aufklärung schwerer Verbrechen einsetzen. Doch es gibt Probleme bei der Inbetriebnahme der Software.

Laut Steuerzahlerbund wird sich der Beginn des regulären Betriebs voraussichtlich um mehrere Jahre, in jedem Fall bis 2027 verzögern. Zwar zahle der beauftragte Dienstleister dem GKDZ für die Verzögerungen Schadensersatz- und Kompensationsleistungen in Millionenhöhe. Diese seien jedoch „nur ein schwacher Trost“, da geplante Millioneneinsparungen in den Ländern Jahr für Jahr verloren gingen, hieß es. Zudem laufen schon Personalkosten auf, obwohl das System noch gar nicht funktioniert - rund 1,8 Millionen Euro waren es 2024.

Das Innenministerium in Magdeburg kündigte eine Stellungnahme an, äußerte sich jedoch zunächst nicht dazu.

Straßenbau zieht sich hin

Der Ausbau der Bundesstraße B6n zwischen der A14 und der A9 zieht sich hin. Konkret geht es um ein mehr als zehn Kilometer langes Teilstück nahe der bereits fertiggestellten Ortsumgehung Köthen. Inzwischen seien zwar schon Abschnitte von rund 5,7 Kilometern fertiggestellt, hieß es. Weitere 2,4 Kilometer würden derzeit gebaut. Vor der Gesamtfertigstellung könnten sie aber nicht befahren werden. Die Gesamtfreigabe soll erst Mitte 2027 erfolgen. Das koste nicht nur Zeit, sondern werde auch teurer, so der Steuerzahlerbund. Wenn Maßnahmen zum Artenschutz zu Verzögerungen und höheren Kosten führten, stimme etwas bei der Gesamtabwägung von Aufwand und Nutzen nicht.

Das Infrastrukturministerium teilte mit, es habe die Pflicht bestanden, den Eingriff in die Lebensräume der vorgefundenen Amphibien durch entsprechende bauliche Maßnahmen auszugleichen. Sie könne die Kritik aber nachvollziehen, sagte Infrastrukturministerin Lydia Hüskens (FDP). „Umweltschutz muss praktikabel bleiben.“ Wenn man wisse, dass an einer Stelle viele Kröten von einer Seite zur anderen wanderten, sei es sinnvoll, dort einen Krötentunnel zu errichten. „Aber eine ganze Strecke quasi als Hochstraße bauen zu müssen, obwohl sich die Population auf nur eine oder wenige Stellen konzentriert, ist der falsche Weg. Hier muss es andere, pragmatischere Lösungen geben.“

Teure Schwimmhalle in Weißenfels

Eine eingeleitete Sanierung einer Schwimmhalle in Weißenfels wird nicht fortgesetzt. Die bereits verbauten rund 3,5 Millionen Euro seien damit in den Sand gesetzt worden, kritisiert der Verband. Fördermittel hätten zurückgezahlt und auch Strafzinsen gezahlt werden müssen. An einem anderen Standort soll nun ein Neubau her. Geschätzte Kosten: Rund 22 Millionen Euro. Diese Variante sei von allen Alternativen die teuerste, hieß es. „Wieder einmal kann für Planungsfehler niemand verantwortlich gemacht werden. Ausbaden muss das Ganze der Steuerzahler.“

Die Stadt Weißenfels ließ eine Anfrage dazu zunächst unbeantwortet.