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Reformdebatte Thüringer Ministerpräsident offen für Pflegevollversicherung

Wie kann die Pflege in einer älter werdenden Gesellschaft gesichert werden? Mario Voigt kann sich eine staatliche Grundausstattung vorstellen - setzt aber auch auf Familiensolidarität.

Von dpa 28.12.2025, 05:00
Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) kann sich in Zukunft eine Pflegevollversicherung vorstellen. (Archivbild)
Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) kann sich in Zukunft eine Pflegevollversicherung vorstellen. (Archivbild) Martin Schutt/dpa

Erfurt - In der Debatte über eine grundlegende Pflegereform hat sich Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt offen für eine Vollversicherung gezeigt. „Eine Pflegevollversicherung kann perspektivisch eine Antwort sein – sie löst aber nicht die Probleme im Hier und Jetzt. Unsere erste Aufgabe ist es, die Kostenexplosion zu stoppen und das System wieder beherrschbar zu machen“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. 

Man müsse zunächst ehrlich definieren, welche Leistungen von einer solchen Versicherung abgedeckt werden sollten. „Das wird im Kern eine verlässliche Grundabsicherung sein – und die hat ihren Preis.“

Reform bis Ende 2026

Es brauche eine Sozialstaatsreform, die Finanzierung, Leistung und Verantwortung wieder in ein realistisches Verhältnis bringe. „Rente und Pflege sind die beiden Systeme, die in Deutschland demografisch drohen, aus dem Ruder zu laufen. Wer das ignoriert, betreibt keine Sozialpolitik, sondern Wunschdenken.“

Bund und Länder hatten sich im Dezember auf eine grundlegende Finanzreform für die Pflegeversicherung bis Ende kommenden Jahres verständigt. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte signalisiert, dass Leistungen kritisch überprüft und die begrenzten Mittel zielgerichteter eingesetzt werden sollen. Generell soll auch daran festgehalten werden, dass die Pflegeversicherung - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten für Pflege und Betreuung trägt.

Kostenexplosion deckeln

Voigt sieht in einer Pflegevollversicherung zwar eine Option, warnt aber zugleich vor der Vorstellung, Eigenverantwortung an den Staat auszulagern. „Wir sind eine Gesellschaft der Verantwortung – und dazu gehört auch familiäre Verantwortung. Meine Eltern haben mich großgezogen. Sie dürfen zu Recht erwarten, dass ich mich um sie kümmere, wenn sie alt und gebrechlich werden“, sagte er. 

In einem Familienverbund müsse man aufeinander achten. „Wir tun in Deutschland zu oft so, als könne der Staat alles bezahlen. Das wird nicht möglich sein. Ein ehrlicher Sozialstaat verspricht nur das, was er auch dauerhaft leisten kann – und ergänzt staatliche Hilfe durch Eigenverantwortung und familiären Zusammenhalt“, machte Voigt klar. 

Der CDU-Politiker betonte, dass auch die Kosten reduziert werden müssten. „Bei einer Pflegestufe zwei sind Sie in Thüringen bei Platzkosten von 3.000 Euro oder mehr. Wenn Sie sich dazu die Durchschnittsrente ansehen, dann passt das nicht zusammen.“ 

Mehr Pflegeprävention 

Es brauche Entbürokratisierung, Digitalisierung, aber auch Prävention. „Unser Sozialstaat meint es gut – aber er organisiert Hilfe zu oft im Einzelfall. Das kostet Zeit, Geld und Vertrauen. Wir brauchen mehr einfache Regeln statt immer neuer Sonderlösungen.“ 

Es gehe auch darum, in einer älter werdenden Gesellschaft Pflegeversorgung in der Fläche sicherzustellen. Voigts Bundesland Thüringen war im Jahr 2024 nach Daten des Statistischen Bundesamtes das Land mit der drittältesten Bevölkerung in Deutschland. Das Durchschnittsalter in Thüringen betrug 47,9 Jahre.