Wilhelmshaven Umwelthilfe klagt gegen Chlor-Einsatz am LNG-Terminal
Das Terminal für Flüssigerdgas in Wilhelmshaven ist das erste und bedeutendste in Deutschland. Weil dabei aber Chlor eingesetzt wird, befürchtet die Umwelthilfe schwere Schäden für das Wattenmeer.
Berlin/Wilhelmshaven - Die Deutsche Umwelthilfe geht gerichtlich gegen die Verwendung von Chlor am Terminal für Flüssigerdgas (LNG) in Wilhelmshaven vor. Man habe beim Bundesverwaltungsgericht Klage gegen den Einsatz von Biozid beim Betrieb des schwimmenden Terminals „Höegh Esperanza“ eingereicht, weil dieser das Ökosystem der Jade und des Wattenmeers erheblich gefährde, teilte der Verein am Dienstag mit. Zuvor hatten die „Neue Osnabrücker Zeitung“ und der NDR über die Klage berichtet.
Der Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner, warf dem Betreiber Uniper vor, die Jade und die Nordsee zu verschmutzen, obwohl schonendere Alternativen vorhanden seien. „Das Wattenmeer wird damit leichtfertig als Müllhalde missbraucht“, sagte er. „Das zweite Terminalschiff "Excelsior", das ab kommendem Jahr am gleichen Standort betrieben werden soll, soll ohne Biozid gereinigt werden - warum gelingt das nicht auch für die "Höegh Esperanza"?“
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte den Eingang der Klage. Wann es eine Entscheidung geben werde, sei noch nicht absehbar.
Die Klage richtet sich wegen der Erlaubnis zur Einleitung von Abwasser mit Bioziden in die Jade gegen den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Umweltschutz (NLWKN). Dieser hatte erst am Freitag mitgeteilt, dass die Reinigung des LNG-Terminals mit Chlor bislang keine negativen Auswirkungen auf das Gewässer gehabt habe. Nach elf Monaten Betrieb hätten die Messwerte der verschiedenen Chlor- und Nebenprodukte überwiegend sogar unter der Nachweisgrenze gelegen.
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer sagte, er könne die Klage der Umwelthilfe daher nicht nachvollziehen. Es gebe keine Erkenntnisse, dass es zu Schäden an der Umwelt gekommen ist. „Wenn kaum Chlor im Wasser ist, dann kann es sich auch nicht in den Fischen und Muscheln ansammeln“, sagte der Grünen-Politiker.
Das klare Ziel des Landes sei es dennoch, dass beide LNG-Schiffe mit einem Ultraschallverfahren und damit chlorfrei betrieben werden. „Der Schutz des Wattenmeers und der Umwelt hat oberste Priorität“, sagte Meyer. Zunächst solle der Chloreinsatz minimiert und dann, wenn sich die Ultraschalltechnik beim zweiten Schiff bewährt habe, auch das erste Schiff entsprechend umgerüstet werden. Die Übernahme der Mehrkosten dafür habe der Bundestag bereits zugesagt.
Umweltschutzverbände, Anwohner und Muschelfischer kritisieren die Einleitung von chlorhaltigen Abwässern in die Jade seit Längerem. Der Terminalbetreiber Uniper hatte im Sommer ein Konzept zur Minimierung des Chloreinsatzes vorgelegt. Darin werden mehr als 20 alternative Reinigungsverfahren beschrieben. Allerdings sei keine Variante besser geeignet als die Chlorierung, um die Leitungen von Muscheln oder Seepocken freizuhalten, heißt es in dem Papier.
Das LNG-Terminal in Wilhelmshaven war am 21. Dezember 2022 das erste in Deutschland, das Gas ins Netz eingespeist hat. Mit einem Anteil von rund zwei Dritteln des eingespeisten Flüssigerdgases ist es auch das bedeutendste deutsche LNG-Terminal, wie aus Daten von Europas Gasinfrastruktur-Betreibern (GIE) hervorgeht.
Das von Tankern angelieferte, auf minus 162 Grad heruntergekühlte und verflüssigte Erdgas wird nach der Anlieferung erwärmt und damit gasförmig gemacht. Das erfolgt überwiegend durch Meerwasser. Damit die Systeme des Terminals nicht etwa mit Algen und Muscheln zuwachsen, werden sie mit Chlor durchspült.