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Rechtsextremismus wächst stark Verfassungsschutzbericht: Neuer Höchststand bei Extremisten

„Jung & Stark“ oder „Deutsche Jugend Voran“ – Namen, die für eine gefährliche Entwicklung stehen: Rechtsextremismus wird jünger und aktionsorientierter. Der Anstieg hat aber auch andere Gründe.

Von dpa 24.06.2025, 15:12
Der Leiter des Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt, Jochen Hollmann, und Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) haben den neuen Verfassungsschutzbericht vorgestellt. (Archivbild)
Der Leiter des Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt, Jochen Hollmann, und Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) haben den neuen Verfassungsschutzbericht vorgestellt. (Archivbild) Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - Die Zahl der Menschen, die verfassungsfeindlichen Gruppen zuzurechnen sind, ist in Sachsen-Anhalt auf einen neuen Höchststand gestiegen. Wie aus dem Verfassungsschutzbericht hervorgeht, wurden im vergangenen Jahr rund 6.120 Menschen dem extremistischen Personenpotenzial zugeordnet. Das entspreche einem Anstieg um 11,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Entwicklung sei vor allem auf ein Wachstum der rechtsextremen Szene im Land zurückzuführen, teilte das Innenministerium mit. 

„In Sachsen-Anhalt geht die größte Bedrohung für unser demokratisches Zusammenleben weiterhin vom Rechtsextremismus aus“, sagte Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) bei der Vorstellung des neuen Berichts. Vor allem bei Jüngeren nehme der Rechtsextremismus zu und werde digitaler. „Mit Sorge blicke ich auf den Zuwachs gewaltaffiner rechtsextremistischer Jugendgruppen.“

Vor allem Mitgliederzuwachs der AfD in Sachsen-Anhalt

Demnach lag die Zahl der Rechtsextremisten im Jahr 2024 bei rund 4.000 (2023: 3.350). Gründe für die Zunahme des rechtsextremistischen Personenpotenzials waren laut Innenministerium insbesondere der Mitgliederzuwachs des AfD-Landesverbands Sachsen-Anhalt (plus 370 Menschen) und der Anstieg des weitgehend unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotenzials (plus 140 Menschen). Die AfD wird in Sachsen-Anhalt vom Verfassungsschutz seit November 2023 als gesichert rechtsextremistische Bewegung eingestuft. 

Innerhalb von zwei Jahren habe sich das extremistische Personenpotenzial fast verdoppelt, sagte der Leiter des Verfassungsschutzes, Jochen Hollmann. Besonders dynamisch habe sich in den vergangenen Jahren die rechtsextremistische Szene im Land entwickelt. „Die größte Gefahr für die Demokratie geht hier von der größten rechtsextremistischen Partei, der AfD in Sachsen-Anhalt, aus.“ 

Junge und aktionsorientierte Jugendgruppen

Seit dem vergangenen Jahr würden auch vermehrt rechtsextremistische und aktionsorientierte Jugendtruppen auftreten, so das Innenministerium. Seit dem Sommer seien sie sowohl in Sachsen-Anhalt als auch bundesweit mit Gewalt- und Störaufrufen sowie Aktionen gegen CSD-Veranstaltungen aufgefallen. Es handele sich dabei um Gruppen mit Namen wie „Jung & Stark“ oder „Deutsche Jugend Voran“. Die Zahl der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter stagniert nach Angaben des Innenministeriums bei rund 700 Menschen.

Trotz Einstufung als rechtsextreme Bestrebung habe sich der Landesverband der AfD nicht de-radikalisiert, betonte Hollmann. Funktions- und Mandatsträger seien erneut durch eine „dämonisierende und fremdenfeindliche“ Wortwahl aufgefallen. 

Linksextremismus und Islamismus

Daneben wurden im vergangenen Jahr etwa 680 Menschen dem Linksextremismus zugeordnet. Auch diese Zahl ist laut Innenministerium unverändert. Die linksextreme Szene sei durch den Krieg im Nahen Osten weiter beeinflusst. Dem Islamismus werden unverändert rund 400 Menschen zugerechnet. 

Ein erhöhtes Risiko sieht der Verfassungsschutz derzeit vor allem durch russische oder prorussische Cyberangriffe, die sich unter anderem gegen Unternehmen, Behörden und wissenschaftliche Institutionen richten. Wie schon im Vorjahr registrierte der Verfassungsschutz einen verstärkten Einsatz von Desinformationskampagnen. Bei solchen gezielten Desinformationskampagnen würden teilweise politische Entscheidungsträger oder andere Personen des öffentlichen Lebens täuschend echt imitiert. Ihnen würden nicht zutreffende Äußerungen oder Handlungen zugeschrieben, die sie in den Augen der Wählerinnen und Wähler in Misskredit bringen sollen. Auch diese hybride Bedrohung von Außen habe der Verfassungsschutz im Blick, sagte Innenministerin Zieschang. Die Gefahren machten vor Grenzen keinen Halt. 

Sabotageaktion aus Russland am Flughafen Leipzig/Halle

Als Beispiel nannte Verfassungsschutzchef Hollmann Brandanschläge bei Flugzeugen in mehreren europäischen Städten. Eine dieser Sabotageaktionen habe am Flughafen Leipzig/Halle stattgefunden. Nur durch Zufall sei dabei niemand zu Schaden gekommen. Für die Sabotageaktion sei der russische Geheimdienst GRU verantwortlich.