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Sachsen-Anhalt Zukunft von Kliniken in Sachsen-Anhalt auf der Kippe

Finanzielle Engpässe, Streit um Zahlungen, drohende Schließungen: Wie geht es für die Krankenhäuser in Zerbst und im Salzlandkreis weiter? Im Landtag wird emotional darüber diskutiert.

Von dpa Aktualisiert: 13.11.2025, 15:34
Wie geht es in Zerbst weiter? (Archivbild)
Wie geht es in Zerbst weiter? (Archivbild) Peter Gercke/dpa-Zentralbild/dpa

Magdeburg/Bernburg/Zerbst - In Sachsen-Anhalt wird um die Zukunft mehrerer Krankenhausstandorte gerungen. Während Land und Kommunen an der Rettung der Klinik in Zerbst arbeiten, ist die Situation im Salzlandkreis derzeit unklar. Die wirtschaftliche Situation sei in vielen Kliniken angespannt, sagte Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) im Landtag. Sie warnte vor einer kalten Strukturbereinigung - also dem unkontrollierten Wegbrechen von Standorten.

„Wir können uns keine weitere Ausdünnung leisten, wenn wir eine erreichbare Basisversorgung sicherstellen wollen“, sagte Grimm-Benne. Anlass der Debatte im Parlament ist die beabsichtigte Schließung des Helios-Klinikums in Zerbst zum 19. Dezember, wie es der Konzern verkündet hat.

Auf Nachfrage von AfD-Co-Fraktionschef Ulrich Siegmund, ob es zuletzt auch ein Krisentreffen zu einer potenziellen Krankenhausschließung im Salzlandkreis gegeben habe, sagte Gesundheitsministerin Grimm-Benne: „Ja, es gab ein Treffen in der Staatskanzlei.“

Was passiert im Salzlandkreis? Ameos schweigt

Hintergrund ist ein jahrelanger Finanzstreit des Salzlandkreises mit dem Gesundheitskonzern Ameos, der seit dem Kauf der Kliniken durch den Konzern 2011/2012 anhält. Ameos betreibt in Sachsen-Anhalt mehrere Standorte, im Salzlandkreis etwa in Aschersleben, Bernburg, Schönebeck und Staßfurt.

Der Konzern will zu dem Konflikt aktuell keine Angaben machen. „Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, können wir uns dazu nicht äußern“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Das Unternehmen beantwortete die Frage nicht, ob Ameos die stationäre Versorgung in den Kliniken auch im Jahr 2026 aufrechterhalten wird.

Streit um zweite Rate

Bei der Übernahme der Kliniken vom Salzlandkreis hat Ameos einen Großteil des Kaufpreises gezahlt, die Rate lag bei 26 Millionen Euro. Doch eine zweite Rate war vom Jahresergebnis der Kliniken im Jahr 2011 abhängig gemacht worden – weil der Konzern und der Landkreis unterschiedliche Auffassungen zur Höhe des Ergebnisses hatten, kam es zum Streit.

Dieser wurde vor mehreren Gerichten ausgetragen. Das Oberlandesgericht Naumburg wies im Januar 2025 eine von Ameos eingelegte Berufung zurück. Der Bundesgerichtshof wies zuletzt die Beschwerde des Konzerns gegen die Nichtzulassung der Revision im August 2025 zurück.

Für Zerbst wird ein Gutachten erstellt

Der Salzlandkreis erwartet, dass das Unternehmen den fälligen einstelligen Millionenbetrag nun zahlt. Es gebe einen vollstreckungsfähigen Titel gegenüber dem Träger, betonte auch Grimm-Benne im Landtag.

Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld wird um die Zukunft des Krankenhauses in Zerbst gerungen. Es werde mit Nachdruck an tragfähigen und zukunftsorientierten Lösungen gearbeitet, teilte der Landkreis auf Anfrage mit. Laut Finanzminister Michael Richter (CDU) hat der Landkreis inzwischen ein Unternehmen beauftragt, ein Konzept zu erstellen, was für die Sicherstellung der Grundversorgung nötig ist.

Kritik an Grimm-Benne von CDU und FDP

Grimm-Benne sagte, wenn die einzige Möglichkeit zur Rettung des Krankenhauses Zerbst eine Kommunalisierung sei, dann müsse die Landesregierung dafür sorgen, dass der Landkreis den notwendigen finanziellen Spielraum erhalte.

In der emotional und kontrovers geführten Debatte wurde die Ministerin von den Koalitionspartnern CDU und FDP scharf kritisiert. CDU-Fraktionsvize Frank Bommersbach warf Grimm-Benne Planungsfehler vor. Guido Kosmehl (FDP) sagte, alle Akteure bemühten sich um eine Rettung, das Gesundheitsministerium habe hingegen kein Konzept vorgelegt. „Wir haben keine Zeit“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion.

AfD-Politiker Siegmund verweist auf Genthin und Havelberg

Die AfD nutzte die Debatte zu einer Generalabrechnung. Die Situation sei traurig, das Land müsse nun Geld in die Hand nehmen, sagte Co-Fraktionschef Siegmund. An den in den vergangenen Jahren geschlossenen Kliniken in Genthin und Havelberg sei sichtbar: „Was einmal weg ist, kommt nicht mehr wieder.“ Siegmund forderte die Gründung einer kommunalen Gesellschaft zur Rettung des Zerbster Krankenhauses.

Nicole Anger (Linke) sagte, Krankenhäuser gehörten in öffentliche Hand. „Denn Gesundheit ist keine Ware, sondern ein Menschenrecht.“ Die Menschen in Zerbst benötigten Verlässlichkeit, so die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken. „Es sind nur noch fünf Wochen.“ Die Abgeordnete Susann Sziborra-Seidlitz (Grüne) betonte, Zerbst sei insbesondere für die Notfallversorgung unerlässlich.

Haseloff gibt Zerbst eine Standort-Garantie

Zum Ende der Debatte ergriff Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) das Wort und versprach eine Lösung. „Dieser Standort wird erhalten“, sagte der CDU-Politiker. „Wir werden sehen, wie wir ihn entsprechend zukunftsfähig machen.“ Da werde es sicher Abstriche geben müssen, so der Regierungschef. „Aber die Menschen können davon ausgehen in diesem Umfeld, dass sie versorgt werden und dass das Land sich um sie kümmert.“

Derzeit gibt es in Sachsen-Anhalt 44 Krankenhäuser an 53 Standorten. Viele Kliniken sind in den vergangenen Jahren wegen Inflation und gestiegener Sachkosten finanziell unter Druck geraten.