Landesregierung Zweckbündnis in schwierigen Zeiten: Regierung zieht Bilanz
In rund drei Monaten ist Landtagswahl in Niedersachsen. Die Regierung zog Bilanz ihrer Arbeit und gibt sich selbst eine gute Note. Die Opposition sieht das naturgemäß anders.

Hannover - Wenige Monate vor der Landtagswahl in Niedersachsen hat sich die Landesregierung selbst ein gutes Zeugnis ausgestellt. Die Opposition widerspricht vehement. Ohnehin dürfte das Zweckbündnis aus SPD und CDU nach der Wahl im Oktober wohl eher nicht fortgesetzt werden. Regierungssprecherin Anke Pörksen sagte am Mittwoch bei der Vorlage der Regierungsbilanz: „Wie sagt der Ministerpräsident immer: Das war ja keine Liebesheirat.“ Man habe sich erst einmal aneinander gewöhnen müssen.
Jüngsten Umfragen zufolge kann Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf ein Bündnis mit den Grünen hoffen - in dieser Konstellation regierte er bereits in seiner ersten Amtszeit. Die CDU konnte nun aber den Rückstand auf die Sozialdemokraten leicht verkürzen - lag in einer Umfrage von vergangener Woche nur noch drei Prozentpunkte hinter den Sozialdemokraten.
Der plötzliche Wechsel der Abgeordneten Elke Twesten von den Grünen zur CDU hatte 2017 eine vorgezogene Landtagswahl ausgelöst, SPD und Grüne verloren daraufhin ihre knappe Mehrheit. Das noch bestehende Regierungsbündnis aus SPD und CDU war danach das Ergebnis. Nicht immer lief die zu Ende gehende Legislaturperiode geräuschlos.
Die beiden Parteien haben immer wieder unterschiedliche Auffassungen - etwa bei Investitionen. Während die CDU mit Finanzminister Reinhold Hilbers den Wert der Schuldenbremse betont, rüttelte Weil am Nimbus der zurückhaltenden Ausgabenpolitik. Man dürfe sich nicht am Begriff der Schuldenbremse „festklammern“, hatte der Ministerpräsident im April bei der Vorstellung des Regierungsprogramms gesagt.
Doch von solchen Differenzen ist am Mittwoch keine Rede mehr. Auf die Frage eines Journalisten, welche Note sich die Landesregierung geben würde, sagte die Regierungssprecherin: „Na ja, ne 2+ ist das schon.“ Vielleicht sei die 2+ noch ein bisschen bescheiden.
Die Grünen sprachen von einer ernüchternden Bilanz der Regierung. Die Noteneinschätzung entbehre jeder Grundlage. Die Fraktionsvorsitzende Julia Willie Hamburg sagte: „Das Sondervermögen Digitalisierung wurde kaum umgesetzt. Noch heute haben viele Schulen kein Wlan. Im Klimabereich hat ein Ankündigungsminister nicht viel umgesetzt.“
FDP-Fraktionschef Stefan Birkner sagte, er sehe keinerlei Grund für eine positive Regierungsbilanz. „In der Bildungspolitik etwa wurde zuletzt überdeutlich, dass Niedersachsens Schulen und Kitas aufgrund des Personalmangels aus dem letzten Loch pfeifen.“ Insgesamt stagniere das Bundesland in seiner Entwicklung.
Ministerpräsident Weil hingegen nannte in dem Bericht als Erfolge der Regierung etwa die 2018 eingeführte Beitragsfreiheit für Kitas. Viele Familien würden dadurch erheblich finanziell entlastet. An den Schulen würden zudem deutlich mehr Lehrkräfte arbeiten als vor Beginn der Legislaturperiode. Vor die Presse trat er am Mittwoch nicht.
Ebenso wie Weils Stellvertreter, Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU). Der sagte laut dem Bericht, Niedersachsen habe sich trotz der globalen Corona-Krise und des Krieges in der Ukraine stark weiterentwickelt. Niedersachsen habe als Start-up-Standort stark an Profil gewonnen und man sei bei der Digitalisierung vorangekommen.
Weil betonte, auf halber Strecke der Legislaturperiode sei man wegen der 2020 ausgebrochenen Corona-Pandemie ein Stück weit ausgebremst worden. Für die Menschen und die Wirtschaft im Bundesland habe eine hoch belastende Zeit begonnen. Für die Schulen beginne mit der Integration von ukrainischen Kindern und Jugendlichen die nächste Herausforderung. Bislang wurden etwa 15 000 ukrainische Schüler in Niedersachsen angemeldet.
Zudem habe man die Energiewende weiter vorangetrieben. In dem Vorwort betonte Weil allerdings: „Der Ausbau von Windanlagen an Land und auf
See war jedoch wegen der zunächst fehlenden Veränderungsbereitschaft bei den Verantwortlichen in Berlin weniger dynamisch, als wir uns das gewünscht hätten.“ Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hätten nun alle die Notwendigkeit eines beschleunigten Ausbaus der erneuerbaren Energien erkannt.
Auf den letzten Metern der Amtszeit kommen wegen der hohen Inflation und der Energieversorgung nun große Sorgen von Verbrauchern und Unternehmen hinzu. An Lösungsansätzen soll dann nach Oktober möglichst ein neues Bündnis arbeiten.