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Kriminalität Polizei schießt: Vermisstes Kind lebensgefährlich verletzt

Nach einem Polizeieinsatz in Bochum schwebt eine Zwölfjährige in Lebensgefahr. Sie soll mit zwei Messern auf die Polizisten zugegangen sein - die griffen zur Waffe.

Von Marc Herwig, dpa Aktualisiert: 17.11.2025, 14:44
In diesem Mehrfamilienhaus im Bochumer Stadtteil Hamme ereignete sich der folgenschwere Polizeieinsatz.
In diesem Mehrfamilienhaus im Bochumer Stadtteil Hamme ereignete sich der folgenschwere Polizeieinsatz. Christoph Reichwein/dpa

Bochum - Beim Versuch, einer vermissten Zwölfjährigen zu helfen, ist in Bochum ein Polizeieinsatz eskaliert. Das Mädchen soll die Beamten mit zwei Messern bedroht haben - die schossen auf das Kind, einer mit Taser, einer mit Dienstwaffe. Ärzte kämpften noch Stunden später im OP um das Leben der Zwölfjährigen. 

Viele Details zum Ablauf des Einsatzes seien noch Gegenstand der Ermittlungen, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Die Beamten hatten zuvor stundenlang nach der vermissten Zwölfjährigen gesucht, die aus einer Wohngruppe verschwunden war, ohne ihre lebenswichtigen Medikamente mitzunehmen. Schließlich fanden sie das Mädchen in der Wohnung der Mutter in Bochum.

Polizisten fühlen sich bedroht

Nach bisherigen Ermittlungen gehen Polizei und Staatsanwaltschaft davon aus, dass das Mädchen beim Eintreffen der Beamten mit zwei Messern in der Hand auf die Polizisten zugegangen ist.

Die fühlen sich bedroht und ziehen ihre Waffen. Ein Beamter nutzt sein Elektroimpulsgerät - eine Waffe, die den Getroffenen durch einen Stromstoß kurz handlungsunfähig macht, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Ein anderer greift jedoch zu seiner Dienstwaffe und gibt einen oder mehrere Schüsse ab.

Besonders schwierig könnte der Einsatz auch dadurch gewesen sein, dass nach Angaben der Polizei sowohl die Zwölfjährige als auch die Mutter gehörlos sind.

Mädchen war aus Wohngruppe weggelaufen

Die Zwölfjährige lebt eigentlich in einer Wohngruppe in Münster. Doch dort fehlte am Sonntag plötzlich jede Spur von ihr. Die Betreuer schlugen sofort Alarm und schalteten die Polizei ein.

Die startete eine große Suchaktion, denn das Mädchen ist nach Angaben der Ermittler auf lebenswichtige Medikamente angewiesen. In der Nacht zu Montag habe es dann Hinweise gegeben, dass die Zwölfjährige zu ihrer Mutter gefahren sein könnte, die im Bochumer Stadtteil Hamme lebt.

Mutter hatte das Sorgerecht verloren

Dort hätte sich die Minderjährige aber gar nicht einfach so aufhalten dürfen. Der Mutter seien bereits früher das Sorgerecht und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Mädchen entzogen worden, teilten die Ermittler mit, ohne weitere Details zu nennen.

Nach den Hinweisen seien in der Nacht zu Montag zwei Streifenwagen-Besatzungen zur Wohnung der Mutter in einem Mehrfamilienhaus gefahren. Doch zunächst seien die Beamten vor Ort nicht weitergekommen.

Obwohl die Beamten Geräusche aus der Wohnung gehört hätten, habe auf ihr Klingeln niemand reagiert. Während die Einsatzkräfte noch auf einen Schlüsseldienst warteten, habe mitten in der Nacht gegen 1.30 Uhr plötzlich die Mutter die Tür geöffnet.

War überhaupt eine Kommunikation möglich?

Doch genauso wie die Zwölfjährige sei auch die Mutter gehörlos, schrieben die Ermittlungsbehörden. Ob und wie überhaupt eine Kommunikation zwischen den Einsatzkräften und den beiden Gehörlosen möglich war - etwa mithilfe von kurzen Nachrichten auf Zetteln - sei Gegenstand der Ermittlungen, sagte ein Polizeisprecher.

Jedenfalls seien die Polizisten nun in die Wohnung gekommen, in der sie die Zwölfjährige vermuteten. Doch dann überschlugen sich der Schilderung der Polizei zufolge die Ereignisse.

„Während der Sachverhaltsklärung und Absuche der Wohnung trafen die Einsatzkräfte auf die Zwölfjährige, die mit zwei Messern in der Hand auf die Polizisten zuging“, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Um einen drohenden Angriff abzuwehren, habe einer der Beamten sein Elektroimpulsgerät eingesetzt, der andere habe mit seiner Dienstwaffe geschossen und das Mädchen lebensgefährlich getroffen.

Not-OP im Krankenhaus

Die Polizisten hätten bis zum Eintreffen der Rettungskräfte Erste Hilfe geleistet. Ein Notarzt habe die Zwölfjährige dann in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht. Dort sei sie nach Einschätzung der Ärzte erfolgreich operiert worden, sagte der Polizeisprecher. „Sie hat die OP gut überstanden. Der Zustand des Mädchens ist kritisch, aber stabil.“

Wie viele Schüsse die Beamten abgegeben haben und wo genau das Mädchen getroffen wurde, sei noch Gegenstand der Ermittlungen, sagte der Sprecher.