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Pflegeberufe Perspektive in der Pflege: Ein Beruf für alle

Die neue Ausbildung zur Pflegefachkraft vereint Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpfleger und startete im März in Magdeburg.

Von Karolin Aertel 27.11.2020, 17:52

Magdeburg l Mit 32 Jahren entschied Sabine Daum, die Richtung zu ändern. Im September begann sie eine Ausbildung - ihre zweite. Anlass dazu gab ihr die Geburt ihres behinderten Kindes. Beeindruckt von der Herzlichkeit und dem Engagement der Pflegekräfte, mit denen sie fortan zu tun hatte, zugleich aber auch konfrontiert mit dem Pflegekräftemangel, sattelte die Magdeburgerin in ihrem Beruf kurzerhand um.

„Ich erlebte, wie Operationen verschoben werden mussten, weil nicht genügend Personal da war. Schwestern waren sehr bemüht, aber sie waren auch erschöpft“, erzählt sie. Die 32-Jährige fasste den Entschluss, daran etwas ändern zu wollen. Sie wollte ihren Teil dazu beitragen und anderen Betroffenen helfen. So wählte sie für sich die Ausbildung zur Kinderkrankenschwester, wollte später im palliativen Bereich arbeiten. Doch dann der Schreck. Die Ausbildung gab es in der bisher bekannten Form nicht mehr.

Seit Anfang 2020 sind die Altenpflege, die Krankenpflege und die Kinderkrankenpflege in einer generalistischen Ausbildung zusammengefasst. Das Drei-in-eins-Modell entsprang einer Novellierung des Pflegeberufegesetzes. Anstatt sich zwischen unterschiedlichen Ausbildungen entscheiden zu müssen, werden die Berufe in der Ausbildung zum Pflegefachmann oder zur Pflegefachfrau vereint.

Man lernt die Arbeit mit Kindern, mit Kranken im Krankenhaus und älteren Menschen in Pflegeheimen kennen. Nach einer halbjährigen Orientierungsphase beim Träger absolvieren die Azubis zu gleichen Teilen ihre Ausbildung in der stationären Akutpflege, in der stationären Langzeitpflege und in der ambulanten Langzeitpflege bis es wieder zurück zum Träger geht.

Bereits im März startete das Magdeburger Bildungszentrum für Gesundheitsfachberufe (BZG) mit 49 Schülern die ersten der „neuen“ Klassen. Das BZG bildet unter anderem in Kooperation mit dem Klinikum Magdeburg, den Pfeifferschen Stiftungen und dem Marienstift aus, aber auch mit Kliniken aus dem Umland.

Das Ausbildungszentrum für Gesundheitsfachberufe (AZG) des Universitätsklinikums wiederum begann im März mit acht angehenden Pflegefachmännern und -frauen. Im September kamen in der zweiten Ausbildungsrunde beim BZG noch einmal 57 Schüler hinzu und beim AZG 67. Damit sei schon jetzt ein sichtbarer Zuwachs zu verzeichnen, sagt Christina Heinze.

Die Leiterin des BZG schätzt bereits jetzt eine Zunahme an Auszubildenden um etwa 20 Prozent. Etwas, was sie in Hinblick auf den Mangel an Pflegepersonal Hoffnung schöpfen lässt. Sie wie auch AZG-Direktorin Stephanie Dolge sehe sie gewachsene Attraktivität des Berufes dahinter. Es sei gerade für junge Leute ein guter Weg, überall mal reinzuschnuppern und später flexibler arbeiten zu können.

Die Einsatzbereiche seien doch deutlich breiter gefächert. „Wir bilden jetzt Generalisten aus“, sagt Christina Heinze. „Wir stehen am Anfang eines Paradigmenwechsels.“ Zudem werden mit dem neuen Beruf Hierarchien und Wertigkeiten unter den pflegerischen Berufsgruppen abgeflacht, verdeutlicht Stephanie Dolge. „Man hat nicht mehr nur den Tunnelblick in seinem Bereich, sondern schaut über den Tellerrand hinaus.“

Bei allen erhofften und bewahrheiteten Vorteilen stelle die neue Ausbildung insbesondere die Ausbilder vor eine große Herausforderung. „Wir müssen den Auszubildenden ein Berufsbild vorleben, das wir so nicht kennen“, erklärt Christina Heinze. Es entsteht ein komplett neues Berufsbild.

Zu den Schülern des „neuen“ Ausbildungsberufes gehört auch Michelle Kersten. Für die 22-jährige ist es die zweite Ausbildung. Und ebenso wie Sabine Daum fand sie über persönliche Erfahrungen den Weg zum Pflegeberuf. Die Pflege ihres Großvaters, stationär und später daheim, habe sie bewogen, den Beruf zu erlernen. Sie absolviert ihre Ausbildung im Universitätsklinikum und möchte sich auf die Akutpflege spezialisieren.

Dass dieser in der Ausbildung zunächst nur einen prozentualen Anteil ausmache, stört sie nicht. Die vertiefende Spezialisierung folge ohnehin nach der Ausbildung, wenn die Schüler in der Berufspraxis ihre Erfahrungen machen. Daher sei die Annahme, das Pflegefachpersonal am Ende könne alles halb, aber nichts richtig, so auch nicht korrekt, sagt Christina Heinze. Für die nachfolgenden pflegerischen Weiterbildungen planen Magdeburgs Kliniken eine ebenso enge Zusammenarbeit wie bei der Ausbildung.