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Zuzahlung erst ab 100.000 Euro Bundestag berät Entlastung für Kinder von Pflegebedürftigen

Rund 800.000 Menschen werden in deutschen Pflegeheimen betreut. Bei den Kosten werden zum Teil auch die Kinder in die Pflicht genommen. Sozialminister Heil plant hier Entlastungen. Was gut klingt, wird von Experten aber auch kritisiert.

27.09.2019, 15:24

Berlin (dpa) - Menschen, deren Eltern im Pflegeheim betreut werden, sollen vom Staat finanziell entlastet werden. Der Bundestag hat am Freitag in erster Lesung über das sogenannte Angehörigen-Entlastungsgesetz beraten.

Es sieht vor, dass Kinder sich erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro an den Pflegeheim-Kosten für ihre Eltern beteiligen müssen. Finanziell entlastet werden sollen zudem auch die Eltern volljähriger Kinder mit Behinderung. Opposition, Experten und Kommunen bemängeln, dass die Pläne an wesentlichen Problemen bei der Pflege vorbeigingen.

Einig waren sich Redner aller Fraktionen in der Debatte, dass eine Entlastung von Angehörigen richtig sei. Die parlamentarische Staatssekretärin für Arbeit und Soziales, Kerstin Griese (SPD), sagte, sie habe zu diesem Gesetz so viele positive Reaktionen aus der Bevölkerung erhalten wie selten. "Die Pflege ist eine der großen gesellschaftlichen Fragen und Thema in allen Familien."

Die Grünen-Abgeordnete Corinna Rüffer sagte, es sei auch eine Frage der Würde. Pflegebedürftige sollten nicht mehr mit dem Gefühl leben, ihren Kindern im Alter auf der Tasche zu liegen.

Redner von AfD und FDP kritisierten aber, dass sich die Neuregelungen vor allem auf die Pflege in Heimen konzentrierten und keine Entlastung für Fälle vorgesehen sei, wo Angehörige zu Hause gepflegt werden - was die überwiegende Mehrheit ist.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte am Freitag, das Gesetz klinge schön, sei aber mehr Schein als Sein. Lediglich einige wenige Kinder zusätzlich würden nun vom Unterhalt ihrer pflegebedürftigen Eltern befreit. Aber es werde dadurch keinen Pflegebedürftigen weniger geben, der Sozialhilfe beantragen müsse. "Das waren zuletzt knapp 380.000 Betroffene", sagte Brysch.

Auch die Kommunen üben Kritik, wegen der geschätzten Mehrkosten von bis zu 319 Millionen Euro, die auf sie zukommen könnten, wenn künftig weniger Angehörige bei den Heimkosten mit in die Pflicht genommen werden. Die kommunalen Belastungen müssten vollständig ausgeglichen werden, forderte der Deutsche Landkreistag am Freitag.

Die Linke forderte eine "Pflegevollversicherung", in die alle, auch privat Versicherte, einzahlen. So könnten alle pflegebedingten Kosten finanziert werden. Dann "wäre Armut durch Pflege bald Geschichte", sagte die Linken-Abgeordnete Pia Zimmermann.

Der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, sprach sich dafür aus, die Leistungen der Pflegeversicherungen auszuweiten. Durch einen Steuerzuschuss sollte seiner Meinung nach dann verhindert werden, dass die Beiträge zur Versicherung zu stark steigen.

Die "Angehörigen-Entlasungsgesetz" soll nach den Plänen des Bundessozialministeriums im kommenden Jahr in Kraft treten. Nach der Verabschiedung im Bundestag braucht es aber noch die Zustimmung des Bundesrates. Nach Angaben der Bundesregierung könnten von der Neuregelung rund 275.000 Personen profitieren.

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