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Nach tödlicher Attacke: Debatte um Gewalt gegen Polizisten

Ein Polizist wird bei einem Einsatz in Herborn erstochen. Die Bluttat löst weit über Hessen hinaus Entsetzen aus. Die Polizeigewerkschaften fordern einen besseren Schutz der Beamten.

27.12.2015, 14:29

Herborn (dpa) - Der gewaltsame Tod eines Polizisten bei einem Einsatz im mittelhessischen Herborn hat die Debatte um Gewalt gegen Polizeibeamte neu entfacht. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPol), Rainer Wendt, forderte mehr Einsatztrainings sowie die bestmögliche Schutzausrüstung.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verlangte, die Ausstattung der Beamten auf den Prüfstand zu stellen. Zugleich wurden in Hessen erneut Polizisten im Dienst angegriffen, ein Beamter und eine Beamtin wurden dabei leicht verletzt.

In einem Regionalzug im Bahnhof von Herborn hatte ein betrunkener 27-Jähriger an Heiligabend nach bisherigen Erkenntnissen zwei Polizisten mit einem Messer angegriffen. Er traf einen 46-jährigen Beamten tödlich, dessen 47-jähriger Kollege erlitt schwere Verletzungen. Einer der beiden Polizisten schoss den Angreifer an und verletzte ihn ebenfalls schwer. Ersten Auswertungen einer Überwachungskamera zufolge gab vermutlich der Beamte zwei Schüsse ab, der später an den Verletzungen starb. Bei der Obduktion wurden sieben Stiche festgestellt, darunter ein tödlicher im Bereich von Hals und Schulter.

Der Zugbegleiter eines Regionalexpresses hatte die Beamten zu Hilfe gerufen, weil sich der 27-Jährige einer Kontrolle widersetzt hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Mordes. Die Ermittler werten weiter die Videoaufzeichnungen der Bluttat und Spuren vom Tatort aus. Außerdem laufen Zeugenbefragungen, wie Staatsanwalt Dominik Mies von der Wetzlarer Außenstelle der Limburger Staatsanwaltschaft am Wochenende berichtete.

Gegen den 27-Jährigen, der selbst angeschossen wurde und zur Tatzeit einen Alkoholwert von 1,5 Promille hatte, erging Haftbefehl. Er habe sich bislang nicht zur Tat geäußert, sagte Staatsanwalt Mies. Der Mann sollte auf die Krankenstation eines Gefängnisses in Kassel verlegt werden.

Rainer Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft sagte, immer wieder gebe es heftige Angriffe auf Polizisten im Streifendienst. Davor kann man sich kaum schützen, selbst wenn alle Maßnahmen zur Eigensicherung beachtet wurden, bleibt ein hohes Restrisiko.

Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag): Wir müssen überprüfen, ob wir auf dem neuesten Stand sind, ob unsere Schutzwesten eine Sicherheit gegen Stichwaffen bieten. Gerade Messerattacken machten den Polizisten im Alltag zu schaffen. Radek bekräftigte die Forderung nach einem eigenen Strafrechtsparagrafen für Angriffe gegen Polizisten und Rettungskräfte.

Beim Polizeipräsidium Mittelhessen sind zahlreiche Hilfsangebote für die Hinterbliebenen des getöteten Polizisten eingegangen. Wir haben die Anfragen jetzt erst einmal gesammelt. Nächste Woche wird entschieden, ob ein Spendenkonto eingerichtet wird, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Auch im Internet bekundeten zahlreiche Menschen ihre Trauer und boten Hilfe an.

Unterdessen wurden in Hessen weitere Polizisten attackiert. In einem Linienbus in Wiesbaden verletzten am ersten Weihnachtsfeiertag ein 28-Jähriger und seine Begleiterin einen Beamten leicht, als sie nach Darstellung der Polizei auf ihn und seinen Kollegen eintraten. Bei der Festnahme wurde auch der 28-Jährige leicht verletzt.

In Frankfurt sprühte am Sonntag ein 20-Jähriger einer Polizistin Pfefferspray ins Gesicht. Die 32-jährige Frau musste zum Arzt. Die Beamten waren gerufen worden, um einen Streit zwischen dem jungen Mann und seinen Eltern zu schlichten.