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Behandlung Rasendes Herz schonend gebremst

Kardiologen von der Magdeburger Uniklinik können Rhythmusstörungen ohne Strahlung beseitigen.

Von Uwe Seidenfaden 13.12.2018, 00:01

Magdeburg l Franko P. (42 Jahre) hat ein gesundheitliches Problem. Scheinbar ohne Grund beginnt sein Herz manchmal mit über 160 Schlägen pro Minute zu rasen. Schweiß rinnt über seine Haut und er fühlt sich sehr unwohl. Kurze Zeit später geht es ihm wieder besser. Manchmal hilft auch ein Schluck kühles Wasser.

Ausgelöst wird diese gutartige Herzrhythmusstörung des jungen Mannes durch veränderte Leitungseigenschaften im sogenannten AV-Knoten des Herzens. Dabei handelt es sich um eine Art elektrische Schaltstelle zwischen den Herzvorhöfen und den Herzkammern. „Mit minimalinvasiven Katheter-Behandlungen wurden in der Therapie von Rhythmusstörungen schon viele Erfolge erreicht“, sagt Professor Dr. Rüdiger Braun-Dullaeus, Direktor der Magdeburger Uniklinik für Kardiologie und Angiologie. Einige Herzrhythmusstörungen lassen sich so vollständig heilen. Eine Dauerbehandlung mit Medikamenten ist dann nicht mehr erforderlich.

Das Therapieziel im Herzkatheter-Labor ist die Unterbrechung der störenden Erregungsbahnen. Das geschieht mit dünnen Spezialinstrumenten, die Kardiologen von der Leiste durch die großen Blutgefäße bis ins Herz vorschieben. Dort werden die krankhaften Erregungsherde mit Stromimpulsen, mit Kälte oder mit einem Laser ausgeschaltet (verödet bzw. abladiert). „Bisher erfolgte die richtige Positionierung der Katheter unter Röntgenkontrolle“, so Oberarzt Dr. Conrad Genz vom Herzkatheter-Labor des Magdeburger Uniklinikums. Trotz vieler Vorsichtsmaßnahmen sind dabei die Patienten und ebenso die behandelnden Ärzte der zellschädigenden Strahlung ausgesetzt. Außerdem ist aus Erfahrung der Kardiologen die richtige Positionierung unter Röntgensicht nicht leicht, da „das Herz nur als veränderlicher Schatten abgebildet wird“.

Inzwischen können die Kardiologen die minimalinvasive Katheter-Ablation auch ohne Röntgenkontrolle durchführen. Möglich macht das ein modernes Computer-Mapping. Dazu werden elektrophysiologische Messdaten von Sensoren auf der Haut und aus dem Körper für eine dreidimensionale Kartierung und Darstellung des Herzens genutzt. So erscheint auf dem Bildschirm des Kardiologen ein farbiges Bild, das aus jedem Blickwinkel betrachtet werden kann. „Damit weiß ich bis auf etwa einen Millimeter genau, wo ich die Weiterleitung fehlerhafter elektrischer Ströme durch krankes Gewebe ausschalten muss“, so Oberarzt Dr. Genz. Eine weitere Option ist das Auffinden des richtigen Ablationsortes mittels einer kleinen Ultraschallsonde, die ebenso über die Gefäße zum Herzen geführt wird (intrakardialer Ultraschall) und eine strahlenfreie Verödung erlaubt.

Katheter-Ablationen werden inzwischen als vorrangige Therapieform (First-Line) bei dem sogenannten Vorhofflattern eingesetzt. Das ist eine Rhythmusstörung, die oft als Folge eines langjährigen Bluthochdruckes entsteht und unbehandelt zu Herzschwäche und Schlaganfall führen kann. Erfolgversprechend sind die Behandlungen auch bei sogenannten AV-Knoten-Reentry-Tachykardien. Der Grund für diese Rhythmusstörung sind veränderte Leitungseigenschaften im AV-Knoten, der eine Art elektrische Umschaltstelle zwischen den Herzvorhöfen und den Kammern ist. Und auch beim sogenannten WPW-Syndrom kann eine Katheter-Ablation zur Heilung führen. In solchen Fällen unterbrechen die Kardiologen den „elektrischen Kurzzschluss“, der durch eine oftmals angeborene zweite Leitungsbahn zwischen Herzvorhöfen und Kammern die Beschwerden vorursacht.

Beim sogenannten Vorhofflimmern, das vorwiegend bei älteren Menschen oder bei Herzschwäche, zum Beispiel nach einem Herzinfarkt, auftritt, ersetzt alleinig der minimalinvasive Eingriff nur selten die medikamentöse Weiterbehandlung.