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Gesundheit Prostatakrebs ist kein Todesurteil

Beim 138. Medizinischen Sonntag in Magdeburg ging es um Fortschritte bei der Therapie.

Von Uwe Seidenfaden 29.01.2018, 00:01

Magdeburg l Prostatakrebs ist eine Erkrankung des Mannes im höheren Lebensalter. Die meisten neuen Diagnosen werden bei Männern ab dem siebten Lebensjahrzehnt gestellt. Prostatakrebs wächst gelegentlich so langsam, dass die Wahrscheinlichkeit, an anderen Erkrankungen im Alter (z.B. Herzinfarkt oder Schlaganfall) zu sterben, größer ist als jene durch den Krebs. Wichtigste Risikofaktoren sind neben dem höheren Lebensalter u.a. familiäre Veranlagungen, d.h. Krebsfälle im nahen Familienumfeld (z.B. Vater, Bruder). Außerdem können Übergewicht, Rauchen und Alkohol das Krebsrisiko erhöhen.

Prof. Dr. Martin Schostak, Direktor der Uniklinik für Urologie und Kinderurologie, informierte über den gegenwärtigen Stand der sogenannten PSA-Diagnostik. Zur Verlaufs- und Therapiekontrolle bei einem bereits diagnostizierten Prostatakrebs spielt dieser Blutmarker eine wichtige Rolle. Als Instrument zum Krebs-Screening ist die PSA-Kontrolle allerdings nur bedingt tauglich, denn auch Entzündungen, eine gutartige Prostataerkrankung und körperliche Aktivitäten wie Fahrradfahren können Einfluss auf die Messung haben. Die Diagnostik sollte erst ab etwa 45 Jahren und ausschließlich von Urologen in Kombination mit einer Tast- und Ultraschalluntersuchung der Prostata durchgeführt werden, empfiehlt Prof. Schostak.

Bis vor wenigen Jahren führten verdächtig erhöhte PSA-Werte nahezu immer zu Gewebeentnahmen (Biopsien). Dabei werden mehrere dünne Hohlnadeln in die Prostata gestochen, um Proben für weitere Laboruntersuchungen zu nehmen. Neuerdings jedoch wird bei Krebsverdacht immer öfter zunächst eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt. Das Magdeburger Universitätsklinikum zählt bei den so durchgeführten Prostata-Untersuchungen neben der Berliner Charité und dem Krebszentrum in Heidelberg zu den Einrichtungen mit der meisten Expertise, so Professor Schostak. Mit der MRT wird eine Nachweisempfindlichkeit von über 90 Prozent erreicht. So kann Männern mit auffälligen PSA-Werten, aber ohne verdächtigen Bildbefund eine invasive Biopsie erspart werden. Gleichzeitig ermöglichst die MRT aber auch die Lokalisierung verdächtiger Krebsherde in der Prostata. Die Urologen können die Lage auch kleiner, krebsverdächtiger Bereiche in der ganzen Prostata sehen. Damit ist die Technik der alleinigen Fingeraustastung und der Ultraschalluntersuchung, auch mit Elastographie überlegen, da diese keine Informationen aus der tieferen Prostata liefern.

Eine weitere Verbesserung der Prostatakrebs-Diagnostik in jüngster Zeit sind sogenannte Fusions-Biopsien. Dabei werden Bilder des MRTs und Bilder einer in den Enddarm geschobenen Ultraschallsonde genutzt, um während der Biopsie die Hohlnadel gezielt in Gebiete der Prostata zu bringen, die krebsverdächtig sind. Die anschließende Beurteilung der entnommenen Zellen durch einen Pathologen erleichtert den Ärzten die weitere Behandlungsplanung.

Je nach Erkrankungsstadium, Alter und Gesundheitszustand sowie den Lebenserwartungen eines Patienten kann eine Operation, eine Strahlentherapie oder ein Abwarten mit regelmäßigen Kontrollen („active surveillance“) ratsam sein. Da oftmals mehrere, prinzipiell gleichwertige Therapien zur Wahl stehen, sollten Männer sich in einem Prostatazentrum der deutschen Krebsgesellschaft von chirurgisch tätigen Urologen und Strahlenmedizinern gemeinsam beraten lassen. Mit der Strahlentherapie (Radioonkologie) werden heute vergleichbare gute Ergebnisse erzielt wie mit der Operation von Prostatakrebs. Zwar werden hochenergetische Röntgenstrahlen schon seit vielen Jahrzehnten genutzt, um Krebsherde zu zerstören, doch die Technik hat sich in jüngster Zeit erheblich verbessert.

Prof. Dr. Thomas Brunner, neu berufener Direktor der Universitätsklinik für Strahlentherapie in Magdeburg, stellte neue Möglichkeiten vor, die Präzision der Behandlung zu verbessern. So ermöglichen bildgebende Verfahren eine exakte Ortung des Krankheitsherdes und moderne Techniken der Strahlenführung erlauben es, krankes Krebsgewebe millimetergenau zu treffen. Das umliegende Gewebe wird dadurch weitgehend geschont. Die Bestrahlung dauert nur wenige Minuten. Danach kann der Patient wieder nach Hause fahren. Die Strahlentherapie kann u.a. eine Option für Männer sein, für die wegen weiterer Gesundheitseinschränkungen eine Operation ein erhöhtes Risiko darstellt.

Die sogenannte Fokale Therapie letztendlich ist ein neues, experimentelles Verfahren, das im Rahmen von Studien an der Uniklinik untersucht wird. Es stellt eine Art Mittelweg zwischen den Standard-Ganzdrüsenbehandlungen und einem abwartenden Nichtstun dar, weil dabei nur der wirklich vom Krebs betroffene Anteil der Drüse behandelt wird. Die Referenten informierten auch über Roboterassistenten im Operationssaal und über mögliche Nebenwirkungen von Operation und Strahlentherapie. Sie betreffen hauptsächlich den Verlust des Erektionsvermögens und der Kontinenz.

Der von den Professoren gehaltene Vortrag kann ab Montag auch im Internet noch einmal mitverfolgt werden.