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Herzklappenersatz Herz-OP durch den Flaschenhals

In keinem anderen Bundesland sterben alljährlich so viele Menschen an
Herzleiden wie in Sachsen-Anhalt. Mit neuen Behandungsmethoden versuchen
Ärzte am Magdeburger Uniklinikum, mehr Menschenleben zu retten.

Von Uwe Seidenfaden 07.05.2014, 03:20

Magdeburg l Viele fragen sich, wie kommen Segelschiffe in die Flasche? Mit viel Geduld, Fingerspitzengefühl und der richtigen Technik zum Erfolg gelangt. Einen ähnlichen Lernprozess wie die Flaschenschiffbauer haben die Herzchirurgen durchlaufen, die seit knapp einem halben Jahr am Magdeburger Universitätsklinikum endoskopische Eingriffe am Herzen durchführen.

Durch chirurgische Schnitte von Daumenlänge führen sie Instrumente so dünn wie Stricknadeln in den Körper ein und korrigieren damit erkrankte Herzklappen. Rund zwei Dutzend Patienten konnte das Team um Professor Ingo Kutschka von der Uniklinik für Herz- und Thoraxchirurgie auf diese Weise schon helfen.

Medikamente helfen nicht gegen undichte Mitralklappe

Eine von ihnen ist eine 50-jährige Frau aus Schönebeck. Schon bei geringen körperlichen Belastungen, z.B. beim Treppensteigen in die erste Etage, geriet sie außer Atem. Untersuchungen mittels Echokardiographie zeigten, dass eine nicht richtig schließende Herzklappe der Grund für ihre schnelle Erschöpfung war. Die Diagnose lautete Mitralklappen-Insuffizienz.

"Durch die sogenannte Mitralklappe wird sauerstoffreiches Blut über die linke Vorhofkammer in die linke Herzhauptkammer gepumpt", erklärt Dr. Hassina Baraki, Oberärztin an der Uniklinik für Herz- und Thoraxchirurgie. Schließt die Mitralklappe nicht mehr richtig, gelangt zu wenig sauerstoffreiches Blut in den Körper, es kommt zu Wassereinlagerung in der Lunge und die körperliche Leistungsfähigkeit sinkt. Medikamente können Undichtigkeiten von Herzklappen nicht beseitigen.

Drei Verfahren möglich

Die Operation bei geöffnetem Brustkorb: Dabei durchtrennen die Chirurgen das knöcherne Brustbein und legen das Herz frei. Notwendig ist das Verfahren insbesondere dann, wenn der Patient neben einer Mitralklappen-Korrektur zusätzlich Operationen an den Herzkranzgefäßen (Bypässe) oder an weiteren Herzklappen benötigt. Während der OP ist der Patient an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen.

Der minimalinvasive (endoskopische) Eingriff: Dazu machen die Ärzte auf der rechten Seite des Brustkorbes, in der Brustfalte, nur einen kleinen Gewebeschnitt. Die Operation erfolgt zwischen zwei Rippen hindurch. Wenn möglich, versuchen die Ärzte, die Undichtigkeiten an der Herzklappe bei Schonung der dünnen Fasern des Halteapparates zu korrigieren. Ist die sogenannte Rekonstruktion der Klappenfunktion nicht möglich, wird eine mechanische oder biologische Herzklappenprothese eingesetzt.

Während des minimalivasiven Eingriffs ist der Patient an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Bereits etwa zehn Tage nach dem Eingriff können die Patienten die Klinik wieder verlassen und eine Rehamaßnahme wahrnehmen. Eine besondere Schonung, wie es bei der großen Operation mit Durchtrennung des Brustbeines notwendig, ist nach dem endoskopischen Eingriff nicht erforderlich.

Die kathetergestützte Klappenkorrektur: Bei der katheterbasierten Mitral-Klappen-Korrektur verschließen die Kardiologen das Herzventil mit kleinen Klammern (Clip), die mittels Katheter von der Leiste bis ins Herz vorgeschoben werden. Dieser Eingriff erfolgt am schlagenden Herzen, d.h. ohne Anschluss an eine Herz-Lungen-Maschine. Da über die Langzeithaltbarkeit der Klammern bislang aber noch keine Erfahrungen vorliegen, wird diese Technik nur jenen Patienten empfohlen, die wegen besonderer Gesundheitsrisiken nicht für eines der beiden zuvor genannten Verfahren in Frage kommen.

Die Entscheidung, welches Verfahren für den Patienten am besten geeignet ist, wird auf Basis der diagnostischen Ergebnisse im "Herzteam" von Herzchirurgen und Kardiologen getroffen. Ausschließlich auf das Alter bezogene Grenzen für Herzklappen-Behandlungen gibt es nicht. "Unser ältester Patient war 87 Jahre", sagt Professor Kutschka. Mehr als auf das Alter kommt es auf den Allgemeinzustand an. Gerade ältere Patienten können aufgrund der schnelleren Erholung und der besseren Wundheilung von den minimalinvasiven Operationen profitieren.