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Hausbesitzer sollten vor einem Sturm Sofortmaßnahmen ergreifen / Schadenbegrenzung ist Pflicht Versicherung zahlt erst ab Windstärke 8

16.12.2011, 04:22

Stürmisch soll es am Wochenende in Deutschland werden. Hausbesitzer sind verpflichtet, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, sonst kann es mit der Versicherung Probleme geben.

Magdeburg (cbi) l Aktuell tobt Sturmtief "Friedhelm" bereits mit 137 Stundenkilometern über Schottland und ist auf dem Weg nach Deutschland. Bei diesen Windgeschwindigkeiten fallen nicht nur Wälder und Landschaftsflächen dem Orkan zum Opfer. Direkte Sturmschäden richten vor allem an Wohngebäuden, wie beispielsweise abgedeckte Dächer, hohe Schäden an. "Weitere Beschädigungen können auch durch indirekte Einwirkungen wie Starkregen und Hagel entstehen. Es ist keine Seltenheit, dass tennisballgroßer Hagel Rollläden und Jalousien beschädigt. Oder die Kellerräume werden durch Starkregen geflutet", informiert Jürgen Buck von der Heilbronner Verbraucherorganisation "Geld und Verbraucher e.V."

Für die Bewohner bedeutet das Heranziehens des Orkans sofort Maßnahmen ergreifen, um den Schaden zu begrenzen - auch wenn sie versichert sind. "Die Versicherten sind dazu sogar verpflichtet", sagt Sylvine Löhmann, Schadensexpertin beim Infocenter der R+V Versicherung. Hat der Wind also beispielsweise einige Dachziegel abgedeckt, sollten die Bewohner undichte Stellen provisorisch schließen und damit Böden, Möbel und Geräte vor Regen schützen.

Sturmschäden an Gebäuden deckt die Wohngebäudeversicherung ab. Für Schäden am Hausrat, also die nicht fest mit dem Gebäude verbundenen Teile, braucht man die Hausratversicherung. Sturmschäden werden von den Versicherern ab mindestens Windstärke 8 anerkannt.

"Wichtig ist die Absicherung des Gebäudes gegen Teilschäden oder die totale Zerstörung durch Feuer - dazu gehören auch die Blitzüberspannungsschäden -, durch Sturm und Hagel sowie durch Leitungswasser einschließlich Frostschäden", rät Dieter Roskowetz, Schadenexperte der Öffentlichen Versicherungen Sachsen-Anhalt. Wer diese Standarddeckung hat, ist bei den meisten Schäden auf der sicheren Seite. Das habe sich auch bei den extremen Unwettern im Mai in Burg, im August in Thale, Quedlinburg und Tangermünde und 11. September dieses Jahres in Teilen des südlichen Sachsen-Anhalt gezeigt, weiß der ÖSA-Schadenexperte.

Schutz vor zusätzlichen Elementarschäden empfohlen

Wichtig ist aber auch der Schutz vor sogenannten zusätzlichen Elementarschäden. "Dazu zählen Überschwemmung, Starkregen, Rückstau und Schneedruck", erläutert Dieter Roskowetz. Aktuelle gute Versicherungspolicen haben sie pauschal bis zu einer bestimmten Höhe mit eingeschlossen. "Über eine höhere Absicherung dieser zusätzlichen Elementarschäden sollte jeder Wohngebäudeeigentümer aber mit seinem Versicherer sprechen", rät er. "Der Hagel vom 11. September 2011 hätte auch als Regen kommen können. Dann wäre nur über diese Erweiterung Schutz gegeben gewesen". In jedem Falle ist aber darauf zu achten, dass die Versicherung zum gleitenden Neuwert erfolgt. "Nur dann kann das Haus zu aktuellen Baupreisen 1:1 wieder aufgebaut werden."

Für das bewegliche Inventar ist die Hausratversicherung da. Auch hier erfolgt die Versicherung im Verbund: Absicherung gegen Schäden durch Sturm, Hagel und Feuer, wozu die zunehmenden Blitzüberspannungsschäden zählen. Weiter umfasst eine gute Hausratversicherung die Absicherung von Gefahren wie Einbruchdiebstahl, Vandalismus nach einem Einbruch und einiges mehr, was zur Ausstattung eines Haushaltes heute gehört. Auch hier rät der ÖSA-Schadenexperte: "Wie man sich am besten gegen zusätzliche Elementarschäden schützt, ist ein gutes Thema für den Versicherungs-Check. Denn beispielsweise für Schäden am Hausrat im Mieterkeller durch Rückstau nach Starkregen kommt der Vermieter nicht auf."

Was ist zu tun, wenn es durch die Stürme zu Unwetterschäden kommt? "Am Anfang steht die rasche Schadenmeldung", sagt Dieter Roskowetz. "Dafür hat der Versicherte in aller Regel mehrere Möglichkeiten. Am einfachsten ist es meist, wenn er sich an den Betreuer vor Ort wendet, der bei der Schadenmeldung hilft."

Die meisten Versicherer bieten Schadenformulare auch auf ihren Internetseiten an. Dieter Ros-kowetz: "Bitte dabei beachten: Je genauer Sie den Schaden beschreiben, desto einfacher und zügiger kann die Bearbeitung erfolgen. Für die schnelle Regulierung ist es in jedem Falle hilfreich, wenn der Schaden mit Fotos dokumentiert ist. Sie sollten ergänzend zur Schadenmeldung an den Versicherer geschickt werden." Auch dabei helfe die E-Mail: "Alles geht schnell, Fotos können gleich angehängt werden, und alle notwendigen Nachweise sind rasch an Ort und Stelle", empfiehlt Dieter Roskowetz diesen schnellen und unkomplizierten Kommunikationsweg.

Nach dieser Information entscheidet der Versicherer, ob zunächst ein Sachverständiger den Schaden begutachten muss oder ob ein alternativer Weg für die Abstimmung der Reparaturkosten gewählt werden kann.

Fragen gibt es immer wieder zu ersten Notmaßnahmen, weiß der ÖSA-Schadenfachmann. "In der Verbundenen Wohngebäude- sowie in der Hausratversicherung sind erkennbar notwendige Schadenminderungsmaßnahmen in aller Regel mitversichert. Wenn also zum Beispiel eine provisorische Notabdichtung des Daches er-folgen muss, damit kein Regen ins Haus eindringen kann, sind das Kosten, die im Zusammenhang mit dem Schaden ersetzt werden. Auch hier empfiehlt es sich, die Schäden vor der Notreparatur zu fotografieren."

Vor der endgültigen Reparatur, rät Dieter Roskowetz, sollte der Versicherer gerade bei größeren Schäden mit Fachleuten vor Ort gewesen sein, um spätere Unstimmigkeiten auch über versicherte und nicht versicherte Kosten von vornherein zu vermeiden.

Keine Haustürgeschäfte mit Handwerkern abschließen

Außerdem heißt es skeptisch zu sein, wenn Handwerker nach dem Sturm ihre Dienste ungefragt an der Haustür anbieten. Es könnten sogenannte "Dach-Haie" sein. Diese mobilen Trupps nutzen aus, dass die Eigentümer den Schaden schnell behoben haben wollen - und liefern schlechte Qualität zu überhöhten Preisen.

Ihre Masche: Sie ködern die Hauseigentümer mit vermeintlichen Schnäppchenpreisen und kommen am nächsten Tag mit Gerüst und Material wieder. So haben die Verbraucher keine Zeit, vom Vertrag zurückzutreten. Bei der Reparatur entdecken die Handwerker angeblich gravierende Mängel, das komplette Dach muss abgedeckt werden - zu saftigen Preisen und oft gegen Vorauskasse in bar.

"Verbraucher sollten sich nie zu Verträgen drängen lassen, die sie nicht vorher eingehend prüfen und mit anderen Angeboten vergleichen konnten", sagt Sylvine Löhmann. Hinzu kommt: Die Wohngebäudeversicherung kann überhöhte Rechnungen kürzen, der Hauseigentümer bleibt auf der Differenz sitzen.