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Silvester Dummy übersteht Böller-Test nicht

Explosionen hat der Dummy der Landes-Feuerwehrschule in Heyrothsberge schon oft überstanden - die illegale Pyrotechnik allerdings nicht.

Von Matthias Fricke 31.12.2015, 00:01

Magdeburg l „La Bomba“, ein nur wenige Zentimeter kleiner handlicher Knaller, macht seinem Namen alle Ehre. Die Übersetzung aus dem Spanischen lautet „Die Bombe“. Sie ist zwar unscheinbar, dafür aber höchst gefährlich und deshalb auch illegal. Als in Deutschland verbotene Pyrotechnik kann sie dennoch frei im Internet bestellt werden. Die Post, oft ahnungslos, welch explosive Mischung sie da transportiert, liefert die Ware nach Hause. „Die Boten wissen gar nicht, was sie da im Paket haben. Das ist schon Wahnsinn“, sagt Sprengstoffexperte im Landeskriminalamt Bernhard Gronau.

Er zündet einen „La Bomba“-Böller an einer Gurke, die wiederum an der Versuchspuppe des Institutes für Brand- und Katastrophenschutz (IBK) in Heyrothsberge befestigt ist. Was dann folgt, dürften viele als großen Rums im Fußball-Stadion kennen. Dabei explodieren drei Gramm eines brisanten Blitzknallsatzes. In Deutschland zugelassene Böller sind hingegen nur mit Schwarzpulver versehen. Gronau: „Wir haben mal versucht in drei Meter Entfernung die Lautstärke der Explosion zu messen. Bei 130 Dezibel hörte das Messgerät auf zu arbeiten.“ Ab 150 Dezibel bestehe die Gefahr eines Knalltraumas.

Und nicht nur das: Die Gurke ist völlig zerstört. „Das hätte ich nicht gedacht, dass dieses kleine Ding solch eine Wirkung hat. Da wäre der Unterarm weg gewesen“, sagt Professor Manfred Infanger, Direktor der Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie an der Magdeburger Otto-von-Guericke-Unversität. Und auch die Wundversorgung sei in solchen Fällen sehr kompliziert. Die Pyrotechnik katapultiert Splitter in die Weichteile. Und auch die Verbrennungen dürften bei 800 bis 900 Grad Celsius enorm sein.

Doch das ist erst die niedrigste Stufe illegaler Pyrotechnik. Zum Beispiel hat der „Cipolla“ aus Polen mit 40 Gramm Blitzknallsatz mehr als das Zehnfache des „La Bomba“.

Gronau zündet den „Cipolla“ auf einem Kohlkopf. Der ist am Ende pulverisiert und die Puppe liegt stark lädiert am Boden. Klinikchef Infanger: „Unfassbar, hätte da jemand in der Nähe gestanden, wäre er tot gewesen.“ Doch es geht noch schlimmer. Der LKA-Beamte holt einen weiteren Böller namens „Cobra 11“ aus dem Sicherheitskoffer. Mit 90 Gramm Blitzknallsatz ist der schon eine kleine Bombe.

Der aus Spanien stammende Böller hat die dreifache Sprengkraft seines Vorgängers. Mit hohen Sicherheitsvorkehrungen lässt der Experte des Landeskriminalamtes auch diesen Böller in die Luft gehen. „Dabei kann schon die Druckwelle schwere Verletzungen von in der Nähe stehenden Personen anrichten“, meint Prof. Infanger.

Die nicht zugelassenen Knaller werden immer größer. „Wir haben kürzlich einen Böller mit 150 Gramm Blitzknallsatz sichergestellt“, sagt Gronau. Dieser „Little Joe“ mit gefälschter Herkunftsangabe „Made in Sowjetunion“ könnte schon als Bombe eingestuft werden. Aus diesem Grund will der LKA-Experte selbst im abgezäunten Versuchsgelände den Böller nicht zünden. Er ist sich aber sicher, dass es einige in der Silvesternacht dennoch tun. „Viele sehen weder die Gefahr noch die Tatsache, dass es sich um eine Straftat oder eine mit hohem Bußgeld belegte Ordnungswidrigkeit handelt“, sagt er.

Aber nicht nur illegale Böller sind gefährlich. Auch Bengalos, wie sie nur für die Seenotrettung verwendet werden dürfen, missbrauchen einige in der Silvesternacht. „Magnesium verbrennt dabei mit 1300 Grad Celsius und ist mit herkömmlichen Mitteln nicht löschbar“, erklärt Mario Koch, Leiter der Versuchsanlage im IBK, das Problem.

Viele wissen offenbar nicht, was sie sich da im Internet bestellen. Gronau: „Diese Böller sind absolut lebensgefährlich. Deshalb sollte man generell die Finger von Pyrotechnik ohne BAM-Kennzeichnung lassen.“ Die Abkürzung steht für Bundesamt für Materialforschung und -prüfung. Die Polizei empfiehlt zudem möglichst nur im regulären Einzelhandel die Pyrotechnik zu kaufen.