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Ärzte Rentner als Retter in der Corona-Krise

Die Ärztekammer hat Hunderte verrentete Mediziner zu ihrer Bereitschaft befragt, in der Corona-Krise zu helfen - und dafür Kritik geerntet.

Von Alexander Walter 30.03.2020, 01:01

Magdeburg l Die Corona-Pandemie macht auch vor jenen nicht halt, die an vorderster Front gegen sie kämpfen: Im stark betroffenen Ostfrankreich starben vergangene Woche drei Mediziner an der Erkrankung. Alle waren zwischen 60 und 70 Jahre alt.

Die Landesärztekammer Sachsen-Anhalt befragt derweil verrentete Mediziner, ob sie bereit wären, im Notfall bei der Bewältigung der Krise zu helfen: „Da wir nicht voraussehen können, wie sich die Lage entwickeln wird, möchten wir ihre prinzipielle Bereitschaft zur Mithilfe bei einem eventuellen Mangel an ärztlichem Personal (...) erfragen“, heißt es in einem aktuellen Schreiben. In einer ersten Runde ist der Brief an 766 Mediziner verschickt worden, sagte Ärztekammer-Sprecher Tobias Brehme. Die meisten Adressaten seien Mediziner im jüngeren Rentenalter.

Nicht jeder findet das gut: „Diese Kollegen gehören zur Risikogruppe und sollten nicht reaktiviert werden“, warnt ein Internist aus Magdeburg. Er möchte anonym bleiben. Es gebe genügend Ärzte in Einrichtungen, wie Ärztekammer, Kassenärztlicher Vereinigung oder dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen. „Sind diese angefragt worden?“, will der Arzt wissen.

Kammersprecher Brehme sagt dazu: Es sei eine „Fehlvorstellung“, dass in den genannten Einrichtungen vor allem Ärzte arbeiten würden. Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung setzten etwa für medizinischen Sachverstand vor allem auf ehrenamtliche Zuarbeit. Zur Kritik an der Reaktivierung verrenteter Mediziner erklärte Brehme: Ärztekammern hätten bundesweit nach einem Aufruf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ähnliche Schreiben verschickt. Es handele sich um eine freiwillige Abfrage. „Sicher steigt mit dem Alter die Wahrscheinlichkeit, einer Risikogruppe anzugehören. Soweit ein Mediziner deshalb Abstand nehmen möchte, ist dies völlig nachvollziehbar.“

Die Einsatzmöglichkeiten seien überdies vielfältig. So könnten verrentete Ärzte etwa in der Telefon-Beratung helfen - ohne Risiko. Laut Kammer haben von jenen Kollegen, die das Schreiben beantwortet haben, zwei Drittel ihre Bereitschaft erklärt zu helfen. Einer von ihnen ist Walter Kudernatsch aus Bitterfeld.

Der Arzt für Innere Medizin hatte bis zur Rente 2015 25 Jahre eine Praxis in der Stadt. „Diese Tätigkeit ist jetzt wichtig“, sagt der 69-Jährige. „Man darf als Arzt keine Angst haben, es gilt das Risiko zu minimieren.“ Die Meinung seines Magdeburger Kollegen teilt er nicht. Unterdessen erreicht das Coronavirus das medizinische Personal in Sachsen-Anhalt:

Nach Angaben des Sozialministeriums waren am Freitag landesweit 26 Beschäftigte in „Heilberufen“ infiziert. Darunter fallen etwa Ärzte ebenso wie Pflegekräfte in Kliniken oder Praxen. Vergangene Woche war bekannt geworden, dass sich am Klinikum Magdeburg drei Mediziner angesteckt hatten. Einen Corona bedingten Mangel an Ärzten gibt es laut Krankenhausgesellschaft bislang nicht.

Laut Ärztekammer könnten im Bedarfsfall aber weitere Kollegen zu ihrer Bereitschaft zu helfen befragt werden. Aktuell gebe es 3400 Ärzte, die nicht berufstätig seien. Die meisten sind Rentner, sagte Brehme.

Die Bundesärztekammer hat derweil auf Initiative von Studenten eine Plattform freigeschaltet. Dort können sich Medizin-Studenten und Azubis in Pflegeberufen melden, die sich in der Corona-Krise engagieren wollen.

Die Seite ist online für Helfer und Institutionen erreichbar unter www.match4healthcare.de