Alarmierend viele Geisterfahrer

Immer häufiger registriert die Polizei auch in Sachsen-Anhalt auf Autobahnen und mehrspurigen Kraftfahrtstraßen Falschfahrer. 2012 zählte das Innenministerium 59 Geisterfahrer, zehn mehr als im Vorjahr. Deutschlandweit gab es bei Unfällen bereits 19 Tote in sieben Wochen.
Magdeburg l Unachtsamkeit, schlechte Sicht, Alkohol oder Vorsatz - die Gründe für sogenannte Geisterfahrten sind unterschiedlich. Nur eines ist im Resultat oft gleich: Wenn es zum Unfall kommt, sind die Folgen schwerwiegend. So wie am Sonnabend, als ein 20-jähriger Autofahrer falsch auf die A5 bei Offenburg (Baden-Württemberg) fuhr und fünf weitere Menschen mit in den Tod riss. Die Ursache für diese Falschfahrt ist noch unklar, es wird ermittelt. 19 Tote gab es allein in den vergangenen sieben Wochen auf deutschen Autobahnen.
Auch Sachsen-Anhalts Innenministerium stellt einen alarmierenden Trend von Falschfahrten auf Autobahnen und Kraftfahrtstraßen fest. So stieg die Zahl der von der Polizei im Land registrierten Fälle von 49 im Jahr 2011 auf schon 59 in diesem Jahr. 2010 waren es noch 46 Geisterfahrten. Meistens haben die Autofahrer ihr Versehen noch rechtzeitig bemerkt, so dass sie folgenlos blieben. Innenministeriumssprecherin Anke Reppin sagte: "Zahlenmäßig sind die meisten Falschfahrer auf der A14, A38 und der B6n unterwegs." Eine streckenmäßige Häufung gebe es aber nicht.
"Auf keinen Fall auf der Fahrbahn wenden."
Johannes Stoye, Autobahnpolizei
Andreas von Koß, Sprecher der Polizeidirektion Nord: "Allein auf der mehrspurigen B6n beziehungweise B6 gab es in den vergangenen drei Jahren drei schwere Unfälle, weil Autofahrer die falsche Auffahrt genutzt haben beziehungsweise verkehrt vom Parkplatz abbogen." Besonders auffällig sei bei den Unfällen im Bereich der mehrspurigen Kraftfahrtstraßen, dass vor allem ältere Autofahrer sich an den Ausfahrten verfuhren. Aber auch Alkohol spiele bei den Falschfahrten keine unbedeutende Rolle.
Polizeioberkommissar Johannes Stoye vom Autobahnpolizeirevier Börde sagte: "Die A2 ist in den letzten Jahren von folgenschweren Falschfahrten weitgehend verschont geblieben. Baulich sind die Auffahrten und auch die Parkplätze so ausgelegt, dass man sich nur schwer verfahren kann."
Falls es doch passiert, sollten Falschfahrer so weit wie möglich an die Mittelleitplanke mit eingeschaltetem Warnblinklicht und voller Beleuchtung fahren, stoppen und die Polizei rufen. "Auf keinen Fall sollte man auf der Fahrbahn wenden", erklärt der Autobahnpolizist.
"Fantasieschilder kontrovers diskutiert."
Bernd Kaufholz, Verkehrsministerium
Falschfahrer müssen mit einem Bußgeld in Höhe von 200 Euro, vier Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot rechnen. "Zunächst wird aber immer geprüft, ob eine Straßenverkehrsgefährdung als Straftat vorliegt", so Stoye.
Jürgen Grieving, Sprecher vom ADAC Deutschland, sieht die Möglichkeiten, Falschfahrten gänzlich zu unterbinden, als begrenzt an. "Zwar gibt es bewegliche Metallzacken, die falsche Auffahrten durch das Zerstören der Reifen unterbinden. Kosten und Nutzen stehen aber in keiner Relation", sagte er. In Bayern gebe es seit Jahren Strecken mit großen gelben Warnschildern und einer warnenden Hand. Durchsetzen konnte sich diese Variante aber noch nicht. In Österreich sei dies bereits Standard.
Sachsen-Anhalts Verkehrsministeriumssprecher Bernd Kaufholz sagte: "Die Fantasie-Schilder werden kontrovers diskutiert, obwohl die Quote der Falschfahrer dort reduziert werden konnte. Vor allem die rechtliche Bewertung ist noch ungeklärt." Metallzacken an den Auffahrten lehne Sachsen-Anhalt auch aus Gründen der Verkehrssicherheit ab. Seite 5