1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Armut in Sachsen-Anhalt: Wie die Tafeln Bedürftigen helfen

Spendenaktion Leser helfen Armut in Sachsen-Anhalt: Wie die Tafeln mit einem Korb voller Lebensmittel Bedürftigen helfen

Wer kaum Geld zum Leben hat, ist oft auf Unterstützung angewiesen. Hilfe in Form von Lebensmitteln bekommen sie zum Beispiel bei der Tafel. Ein Besuch in Magdeburg und Wanzleben. Beide Stationen sollen mit der Aktion "Leser helfen" unterstützt werden.

Von Bernd Kaufholz Aktualisiert: 21.11.2022, 16:22
Mandy Schulz (l.) und Christine Schlemmermeier bereiten die Kisten für die Kunden der Tafel in Magdeburg-Buckau vor.
Mandy Schulz (l.) und Christine Schlemmermeier bereiten die Kisten für die Kunden der Tafel in Magdeburg-Buckau vor. Foto: Uli Lücke

Magdeburg/Wanzleben - Es ist 20 Minuten vor 11 Uhr. Und obwohl die 1997 gegründete Tafel der Gesellschaft für Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung mbH (AQB) in Magdeburg-Buckau erst in gut eineinhalb Stunden öffnet, warten etwas abseits auf dem Hof schon mehr als 20 Menschen, die sich einen Lebensmittelkorb abholen wollen.

Draußen, vor dem Packraum der Tafel, sind die Mitarbeiter dabei, die sechs Holztische herzurichten, an denen die Bedürftigen den Inhalt der grünen Plastikbehälter entgegennehmen können. Heute sind es unter anderem Croissants, Obst, Nudeln, Tomaten, Frischkäse und Brot.

Immer mehr Bedürftige suchen Hilfe bei der Tafel in Magdeburg

„Der Bedarf an Lebensmittelhilfe ist enorm angestiegen“, weiß AQB-Geschäftsführerin Alexandra Franke. „Von 3200 Körben im Januar auf rund 5000 gegenwärtig. Von den Anspruchsberechtigten machen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine etwa die Hälfte aus. Täglich 150 Körbe in Buckau, 120 in Olvenstedt.“

An einen Aufnahmestopp, wie bereits in anderen Regionen, habe sie trotz der großen Nachfrage nicht gedacht, so die 53-Jährige. Obwohl es auch immer schwerer werde, genügend Lebensmittel heranzuschaffen. „Wobei die Tafeln in den größeren Orten noch besser gestellt sind als diejenigen auf dem flachen Land. Wir haben zum Beispiel einen Großsponsor (der nicht genannt werden will), der uns mit Lebensmittelspenden unterstützt.

Zwei Euro für einen Korb voller Lebensmittel

Die Turmuhr der Kirche Sankt Norbert läutet Punkt 12 Uhr. Die Ankömmlinge zeigen ihre kleinen Plastikkärtchen vor, die die Tafel ausgegeben hat – versehen mit einem farbigen Aufkleber. „Heute ist die gelbe Gruppe an der Reihe“, erklärt Franke. „Darum hat es eigentlich gar keinen Zweck, sich schon zwei Stunden vor Öffnung anzustellen, denn jeder, der die entsprechende Tagesfarbe hat, bekommt auch seinen Korb, wenn er seinen symbolischen Obolus in Höhe von zwei Euro bezahlt hat.“

Von Neuankömmlingen werden Personalausweis und Berechtigungsnachweis geprüft. Anspruch haben zum Beispiel Menschen, die Arbeitslosengeld II bekommen, deren Einkommen/Rente unter der Sozialhilfegrenze liegt, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder Sozialhilfe und Grundsicherung beziehen.

Alles läuft in geordneten Bahnen. „Probleme, wie man es hin und wieder von anderen Tafeln hört, weil der Ansturm sehr groß ist, haben wir hier nicht“, so die AQB-Chefin.

Magdeburger Tafel versorgte 2015 viele Syrer, heute kommen mehr Menschen aus der Ukraine

Allerdings habe sie ein anderes Phänomen beobachtet: „Während der Flüchtlingswelle 2015 haben wir Syrer und andere Flüchtlinge aus dem arabischen Raum versorgt.“ Doch viele dieser Menschen seien, nachdem immer mehr berechtigte Ukrainer das Angebot genutzt haben, weggeblieben.

Gunnar Bicke, der vor den Tischen die Karten scannt, ruft in Richtung Zubereitungsküche: „Einmal mit!“ Was so viel bedeutet, wie: „Einmal Lebensmittel mit Schweinefleisch!“ Ansonsten gibt es Geflügel.

Lesen Sie hier, wie Sie die Tafeln bei der Aktion "Leser helfen" unterstützen können.

Gespendetes Geld soll Kindern zugute kommen

Zur Aktion der Volksstimme sagt Franke: „Eine Superidee“ und hat auch schon im Hinterkopf, wofür sie einen Teil des Spendengeldes einsetzen möchte. „Am 8. Dezember veranstalten wir auf unserem Hof einen Weihnachtsmarkt für unsere Tafelkunden. Und die Kinder der Familien sollen ein kleines Geschenk bekommen.“

„In Krisenzeiten sind Menschen häufig mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt. Umso wichtiger ist es, auch diejenigen im Blick zu haben, die besonders unter den hohen Kosten für Energie und das alltägliche Leben leiden“, sagt Antje Ludwig, Landesgeschäftsführerin „Der Paritätische“. „Tafeln und Begegnungsstätten sind in dieser Zeit wichtige Anlaufpunkte. Mit einer Spende und menschlicher Wärme helfen wir gemeinsam gegen Kälte, Armut und Vereinsamung.“

Gut 30 Kilometer entfernt von der AQB-Tafel in Magdeburg betreibt der DRK-Kreisverband Wanzleben (Börde) ein Soziales Zentrum mit Tafel. Barbara Schürmann und ihre Mitarbeiter packen im „Alten Bahnhof“ der Bördestadt dreimal in der Woche für rund 800 Kunden in 280 Bedarfsgemeinschaften Lebensmittelpakete.

Immer mehr Rentner benötige Hilfe der Tafeln

„Gemeinschaften bis zu drei Personen erhalten ein Paket, vier bis sechs Personen zwei Pakete, ab sieben Bedürftigen drei.“ Die DRK-Tafel hat zudem fünf Ausgabestellen im Altkreis Wanzleben, die alle 14 Tage angefahren werden. Auch Schürmann spürt den wachsenden Bedarf an Lebensmittelhilfe. „Waren es vor ein paar Monaten noch 350 Pakete im Monat, geben wir heute 500 aus“, sagt sie. „Es fällt auf, dass immer mehr Rentner auf Lebensmittelspenden zurückgreifen müssen. Und natürlich haben auch wir viele Neukunden, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind.“

Die Tafel in Wanzleben rechnet ebenfalls mit jedem Cent. „Steigende Energiekosten, Kraftstoffpreise. Keiner weiß, wo die Fahrt hingeht. Und wir sind – anders als städtische Einrichtungen – darauf angewiesen, weit zu fahren, um Lebensmittel zu holen und zu verteilen.“

In Sachen Personalkosten hat Schürmann eine Idee. „Da geförderte Maßnahmen auslaufen und uns dann drei Helfer fehlen, könnte man ukrainische Flüchtlinge ins Boot holen. Davon würde die Tafel profitieren und es wäre zugleich eine Integrationsmaßnahme.“