Der "CAR Rabatt-Bericht" von Ferdinand Dudenhöffer sorgt für Schlagzeilen in den Medien und Ärger bei Autohändlern. Von Oliver Schlicht Auto-Rabatte: Die "Schlacht" des Professors
Von einer "Rabattschlacht" auf dem kriselnden Automarkt ist derzeit in vielen Medien die Rede. Extreme Preisnachlässe gebe es nicht, sagen Händler. Doch wer genau hinschaut, findet auch hierzulande die Super-Schnäppchen.
Magdeburg l Ein Professor der Universität Duisburg-Essen sorgt seit Wochen bundesweit für Schlagzeilen: Ferdinand Dudenhöffer, Experte der Automobilbranche und Leiter des der Uni angegliederten Institutes "Center Automotive Research" (CAR). Der Grund der - in erster Linie medialen - Aufregung: In seinem monatlich an Interessenten verteilten Zehn-Seiten-Report "CAR Rabatt-Bericht" listet der Professor sich stetig steigernde Rabattangebote der Autohändler auf.
War der Name Dudenhöffer noch im Frühjahr in erster Linie Autoexperten ein Begriff, so drängt der "Autopapst" (BILD) seit dem Sommer zunehmend ins Bewusstsein der allgemeinen Bevölkerung. Kein Wunder: Dudenhöffer stellt vor dem Hintergrund der schwächelnden Autoindustrie in Aussicht, dass es auf Neuwagen Nachlässe von fast einem Drittel gebe. Da erwacht der Jagdinstinkt - längst nicht nur bei Männern.
387 Sonderpreis-Aktionen gebe es aktuell bundesweit im Autohandel, steht im Oktober-Bericht des CAR (Beitrag unten). So sollen zum Beispiel für die Modelle Ford Fiesta, Opel Astra und Opel Corsa aktuell Rabatte von über 30 Prozent beim Neuwagenkauf offeriert werden.
"Das sind Autorabatte, die es nicht gibt und nicht geben kann"
"Rabattschlacht erreicht Premiumautos", titelte Stern online in dieser Woche. Flüchtig betrachtet müssten die Autohändler für solche Schlagzeilen dankbar sein. Doch sie sind es nicht. "Da wird mittlerweile von Autorabatten in den Medien berichtet, die es nicht gibt und auch nicht geben kann", sagt Torsten Schubert, Inhaber von BMW-Auto- und Motorradhäusern unter anderem in Haldensleben, Oschersleben, Halberstadt, Burg und Magdeburg. Der Spielraum des Händlers bei Preisnachlässen sei bei weitem nicht so groß wie öffentlich dargestellt. Die Folge sei aber, dass der Kunde mit völlig falschen Erwartungshaltungen zum Autokauf komme. Nur bei bestimmten Fahrzeugen seien in der Regel größere Nachlässe möglich. Schubert: "Preisvorteile von 13 oder 14 Prozent für den Kunden gehen aus Händlersicht an die äußerste Schmerzgrenze."
Damit der Betrieb selbst rentabel arbeiten kann, sollten beim Autoverkauf sechs bis sieben Prozent Ertrag erwirtschaftet werden. Mit Rabatten, die jetzt im Gespräch sind, sei dies nicht möglich. "Ein, zwei Prozent Gewinn sind für das Autohaus ein ruinöses Geschäft", so der BMW-Händler. Der Verkauf von Fahrzeugen verlaufe bei BMW Schubert etwa auf Vorjahresniveau oder nur leicht darunter. Schubert: "Beim Großkundengeschäft konnten wir sogar zulegen."
Auch im Magdeburger Autohaus "Honda Göpel" könne von einem Einbruch beim Verkauf bislang keine Rede sein. "Bis August war der Verkauf auf Vorjahresniveau, der September lief nicht so gut, aber schon im Oktober hat die Nachfrage wieder angezogen", sagt Geschäftsführer Hans-Henning Wolf. Auf Dudenhöffer ist auch er nicht gut zu sprechen. "Der macht die Kunden verrückt. Es ist einfach sachlich falsch anzunehmen, irgendein Händler könne es sich leisten, mehr als 10 bis 12 Prozent Preisnachlass zu gewähren."
Auch wenn Ausnahmen die Regel bestätigen. Wolf: "Manchmal gibt es einen Wagen, der schon zu lange steht. Der muss dann raus. Aber das sind Einzelfälle, die dem Händler am Ende nichts oder zu wenig bringen." Allerdings findet sich auch im Autohaus Göpel das im aktuellen CAR Rabatt-Bericht aufgelistete Sonderangebot "Modell 40" des Civic mit einem Preisvorteil von 2450 Euro unter Listenpreis. Wolf: "Das ist eine Aktion des Herstellers Honda, weil es den Civic seit 40 Jahren gibt." Kombiniert mit dem ein oder anderen "Drehschräubchen" des Händlers könnte in diesem Fall schon ein Preisvorteil von knapp 20 Prozent für den Kunden herausspringen, gibt Hans-Henning Wolf zu.
Vor zwei Jahren ging ein Mann bundesweit durch die Autopresse, der mit dieser Art von Drehschrauben bestens vertraut ist. Jens Uwe Wendel, 63 Jahre, er lebt in Hamburg. 35 Jahre lang hat er als Autoverkäufer gearbeitet. Die Aussicht auf ein Rentnerleben kam für ihn zu früh. 2010 hat er sich mit einem Beruf selbstständig gemacht, den es so davor noch nicht gab: Auto-Kaufbegleiter. "Ich war gerade ganz in ihrer Nähe in Zwickau und habe mit einem Kunden ein Auto gekauft", plaudert der freundliche Herr am Telefon los - auf Volksstimme-Nachfrage, wie die Geschäfte denn so laufen. Wendel kassiert ein Drittel des Preisnachlasses, den er beim Autokauf im Dienste eines Kunden herausschlägt, als Provision. "Damit komme ich gut klar", sagt er.
Angesprochen auf die Dudenhöfferschen Rabattschlacht-Mitteilungen nimmt Wendel die Händler in Schutz: "Wie der Professor sich das denkt, läuft das Autogeschäft nicht. Der rechnet die unterschiedlichsten Preisnachlässe vom Winterreifen, über die vergünstigste Leasingrate bis zu Auslaufmodell-Abschlag zusammen, die er recherchiert hat. Und kommt dann auf astronomische Rabatte, die es in der Realität in der Regel aber nicht gibt."
Der Preisnachlass-Spielraum, den Hersteller Händlern einräumen, sei in den vergangenen Jahren geringer geworden. Wendel: "Früher gab es nach dem Gießkannenprinzip 16 Prozent vom Hersteller an den Händler. Wenn der sechs Prozent an den Kunden weitergereicht hat, blieben ihm zehn Prozent. Oder umgedreht, wenn der Verkäufer nicht so toll ist. Doch die Zeiten sind vorbei." Heute kriegt der Händler erst einmal zwölf Prozent. Vier weitere Prozent darf er sich dazuverdienen.
"Da kommen heimlich Testkäufer und gucken nach dem Parkplatz"
"Da kommen heimlich Testkäufer und gucken, ob der Kundenparkplatz groß genug ist, der Verkäufer die aktuell gültige Zertifizierung hat und eine Probefahrt angeboten wird. Dann gibt es einen Prozent. Dann wird geguckt, ob die Werkstatt abends erreichbar ist - noch ein Prozentpunkt. Alles immer ein Jahr nachträglich, versteht sich." Der Profi-Kaufbegleiter hält maximale Preisnachlässe von um die zwölf Prozent für realistisch.
Die Praxis, sich die Preisnachlässe beim Hersteller verdienen zu müssen, bestätigt auch Peter Plomnitzer vom gleichnamigen Citroën-Autohaus in Magdeburg. "Diese Maßnahmen dienen letztlich dem Kunden, weil sie zur Qualitätssicherung beitragen. Aber sie sind für das Unternehmen natürlich mit Kosten verbunden." Dem Kunden seien solche Zusammenhänge schwer zu vermitteln. "Wenn dann auch noch in den Medien von Rabattschlachten die Rede ist, werden völlig falsche Erwartungen erzeugt. Das bekommen wir in den Verkaufsgesprächen zu spüren", so Peter Plomnitzer. Sein Autohaus muss aktuell mit Rückgängen bei den Neuwagenzulassungen im Vergleich zu 2011 umgehen. Plomnitzer spricht von einem Minus von etwa 15 Prozent.
Der Hersteller Citroën reagiert auf die Absatzkrise mit Preisnachlässen. Das blieb auch Prof. Dudenhöffer nicht verborgen. Unter den Top-Ten der Fahrzeuge mit den größten Preisnachlässen durch Finanzierungen finden sich im Oktober gleich drei Citroën-Modelle. Die im CAR-Bericht aufgeführten Angebote werden auch im Plomnitzer-Autohaus unterbreitet.
Die französische Automobilindustrie, die traditionell in den krisengeschüttelten südeuropäischen Ländern stark verteten ist, erlebt noch stärkere Einbrüche als die deutsche, die mehr global ausgerichtet ist. Der französische PSA-Konzern (Peugeot und Citroën) hat in diesem Jahr 8000 Stellen in Europa gestrichen und die Schließung seiner Fabrik in Aulnay-sous-Bois bei Paris bekannt gegeben.
Der Verkauf von Modellen aller Auto-Hersteller ging in Deutschland nach einer Erhebung der Frankfurter Marktforscher Dataforce im September im Vergleich zum Vormonat um 17,4 Prozent zurück. Allerdings machen die Oktoberzahlen mit einem Rückgang von nur noch 1,7 Prozent im Vergleich zum September schon wieder Hoffnung. Im Oktober wurden bundesweit 98800 Neuzulassungen auf dem privaten Automarkt registriert. Entsprechende Daten zu den Ländern werden vom Kraftfahrt-Bundesamt erst im jeweiligen Folgejahr veröffentlicht. Einige aktuell vorliegende Daten zum Automobilmarkt in Sachsen-Anhalt 2011 fasst die nebenstehende Grafik zusammen.
Danach ist Volkswagen die beliebteste Automarke in Sachsen-Anhalt. Das freut Uwe Lexa, Prokurist und Geschäftsführer von zwei Autohäusern in Stendal - Daimler und Volkswagen/Audi. "Wir sind mit allen drei Marken in diesem Jahr erfolgreich unterwegs und konnten die Zielstellungen der Hersteller erfüllen", sagt Lexa.
Vor allem Audi-Fahrzeuge hätten sich gegen den allgemeinen Trend sehr gut verkauft. Dass angeblich eine "Rabattschlacht" auf Premiumfahrzeuge übergreife, konnte er bislang nicht ausmachen. "Ach, wissen Sie", sagt er schmunzelnd: "Wer in der Altmark Autos verkauft, ist seit 1990 eigentlich Dauerkrise gewöhnt. Hier in der Provinz kommen die Boomphasen nicht an. Aber die Einbruchphasen glücklicherweise auch nicht so richtig."