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Bestand der Großvögel auf 120 gesunken Balzende Großtrappen locken Touristen an

30.06.2011, 04:39

Von Peter Jähnel

Magdeburg/Potsdam (dpa). Die imposante Balz der Großtrappen ist vorbei, jetzt dreht sich alles um die Aufzucht der Küken. Sie werden von den Hennen auf Futtersuche zu den Insekten auf der Wiese geführt. Doch in einigen Gelegen werden auch jetzt noch Eier ausgebrütet. Außerdem kommen junge Küken in Brutschränken in der Vogelschutzwarte Buckow (Havelland) zur Welt. Von den einst tausenden Trappen in Deutschland leben nur noch etwa 100 in Westbrandenburg und im benachbarten Sachsen-Anhalt – die anderen Populationen sind verschwunden.

Der lange und kalte Winter hat auch bei den seltenen Großvögeln seinen Tribut gefordert. "Bei der Zählung im vergangenen Herbst registrierten wir in den drei verbliebenen Vorkommen noch etwa 120 Trappen", berichtet Matthias Freude, Präsident des Landesumweltamtes in Potsdam. "Im Havelländischen Luch um Buckow fanden wir 58 Trappen, in den Belziger Landschaftswiesen 53 und sechs im Fiener Bruch grenzüberschreitend zu Sachsen-Anhalt."

"Besucher kommen sogar aus Russland"

Etwa ein Drittel der hiesigen Population sei vor der Winterkälte in westlicher Richtung ausgewichen. "Einige unserer Exemplare wurden im Westen Deutschlands sowie in Belgien und Holland nachgewiesen", bemerkt Freude. Aus drei Überwinterungsgebieten habe man Mitteilungen über verendete Trappen aus Brandenburg bekommen. "Anfang Januar holten wir von der Nordseeinsel Neuwerk ein ermattetes Trappenweibchen ab."

Für Touristen sind die Trappen eine Attraktion. Sie schauen sich gern morgens und abends die balzenden Hähne an und be- obachten, wie die scheuen Tiere durch die Wiesen streifen. Jährlich zieht es mehrere tausend Interessenten zu den Balzplätzen. "Besucher kamen bisher aus den Niederlanden, Schweden, England, aber auch aus Spanien, Russland, der Schweiz und sogar aus Indien", erzählt Winfried Jaschke vom Förderverein Großtrappenschutz in Buckow.

Der Verein kümmert sich gemeinsam mit der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg um den Schutz der vom Aussterben bedrohten Trappen. "Bereits seit 1979 läuft in Buckow erfolgreich ein Aufzucht- und Auswilderungsprogramm", berichtet Jaschke. "Zurzeit haben wir 43 Küken in der Aufzucht, die wir im Juli auswildern." Die Eier holten Jaschke und seine Mitarbeiter aus Gelegen, die sie außerhalb des 18 Hektar großen, umzäunten Schutzraumes fanden. Er wurde eingerichtet, damit die Trappen ungestört vom Fuchs brüten können. Jährlich kommen im Brutkasten 60 bis 70 Küken zur Welt, das sind etwa 50 Prozent des Bestandes.

"Ohne diese konstante Aufzucht mit der Hand wären die Großtrappen hier schon ausgestorben", sagt Jaschke. Die erste Zählung der Trappen in Deutschland hatte 1939/40 in den heutigen Grenzen noch 4100 Exemplare ergeben, wie der Verein herausfand. Für Brandenburg wurden damals etwa 3600 Tiere erfasst. Doch seitdem ging der Bestand dramatisch zurück. In Mecklenburg-Vorpommern waren die Großvögel in den letzten Lebensräumen bei Demmin und Anklam nach dem strengen Winter 1978/79 bis etwa 1980 ausgestorben. In Sachsen verendete der letzte Hahn 1994 nördlich von Leipzig.

Für den Amtspräsidenten Freude liegt die Ursache auf der Hand. "Hauptgrund ist die intensive Landwirtschaft, durch die den Trappen die vielfältige Nahrungsgrundlage entzogen wird. Die hohen Düngergaben lassen nur wenige Pflanzen stark wachsen, während die meisten Wiesenpflanzen keine Chance haben."

Freude stellt klar: "Von den vielen Pflanzenarten einer ungedüngten Wiese können mehr als 1000 Insektenarten leben, auf einem gedüngten Saatgras-Grünland nur etwa 50. Junge Trappen benötigen täglich ungefähr 100 Insekten zum Überleben." Um den Lebensraum für die Großvögel zu erhalten, wird bei Buckow seit 1988 auf 4000 Hektar Fläche nicht mehr gedüngt. Seit ebenso vielen Jahren werden dort Jungtrappen mit der Hand aufgezogen.

Wenn Freude an die Zukunft der Trappen denkt, ist er verhalten optimistisch: "Der letzte Winter hat unsere Bemühungen zum Trappenschutz sehr zurückgeworfen. Wir können nur hoffen, dass die Großtrappe in unserer Region und damit in Deutschland überlebt."