Jahrhundertealter Pfingstbrauch in Hergisdorf Beim "Dreckschweinfest" suhlen sich gestandene Männer im Schlamm
Hergisdorf (dpa). Jährlich machen sich Mitglieder einer Pfingstgesellschaft zur Schlammschlacht auf. Dabei nehmen sie es wörtlich. Mit dem uralten Brauch wollen sie den Winter vertreiben.
Schwein sein ist schön, heißt es oft. Ein "Dreckschwein" zu sein, ist für die Mitglieder der Pfingstgesellschaft Hergisdorf im Mansfelder Land sogar eine Ehre. Alljährlich am Pfingstmontag kommen sie in aller Frühe zusammen, um mit einer Schlammschlacht den Winter zu vertreiben.
"Es ist ein jahrhundertealter Brauch", sagte der Vorsitzende der Gesellschaft, Jürgen Colawo. Nur Mitglieder dieser reinen Männerrunde dürften in den Wald ziehen und den Winter austreiben. Hunderte Schaulustige verfolgten auch in diesem Jahr wieder begeistert das Treiben. Auch in anderen Orten des Mansfelder Landes suhlten sich am Montag gestandene Männer.
Bei der Schlammschlacht springen die in schwarz gekleideten "Dreckschweine", die den Winter verkörpern, immer wieder in das Loch mit der braunen Pampe. "Der ist noch viel zu sauber und viel zu trocken, der muss noch mal rein", ruft eine Frau aus der Menge. Platsch! Wieder landet der selbstständige Gastronom Sven Deckert im Modder. "Ich mache hier seit vielen Jahren mit, weil es Brauch ist", sagte der 49-Jährige. Die Sauerei währt so lange, bis die in weiß gekleideten Läufer, die den Sommer darstellen, dazwischen gehen und mit ihren Peitschen das letzte "Dreckschwein" aus der Pampe vertrieben haben. Dann habe der Sommer gesiegt, sagt Colawo, - und alle sind zufrieden.
Die Hergisdorfer hängen an dem ungewöhnlichen Fest. Nicht einmal der Sozialismus habe es geschafft, es dauerhaft zu verbieten, sagte Deckert. Der Überlieferung nach hätten es SED-Funktionäre aber als unwürdig empfunden, dass fleißige Mansfelder Kumpel sich unter die "Dreckschweine" mischten. So ruhte das Fest von 1958 bis 1964, bis der Unmut der Einwohner von Hergisdorf so groß wurde, dass die SED-Funktionäre schließlich klein beigaben.
Ein Schwein muss keinem Verband angehören, ein "Dreckschwein" schon. Es muss Mitglied der Pfingstgesellschaft Hergisdorf sein. 26 Mitglieder zählt sie derzeit und die waren natürlich am Montag alle dabei. Damit sie "Suhlerei für den Sommer" auch weiterhin stattfinden kann, wurden am Montag zwei neue Mitglieder getauft: Mit Schlamm auf den Kopf und dem "Einditschen" in die Suhle.