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"Rudolfo"-Chefkoch Christian Meierding-Schmidt erkocht sich im Gault Millau erstmals 14 Punkte und möchte Jugendliche für gutes Essen begeistern "Bloß kein Stern": Nachwuchs-Küchenchef bringt lieber Schülern das Kochen bei

Von Andreas Stein 22.12.2012, 02:20

Ilsenburg l Der zweite Aufsteiger in der Ausgabe 2013 des Restaurantkritikers "Gault Millau" ist Christian Meierding-Schmidt. Der Küchenchef des "Rudolfo" im Berghotel Ilsenburg (Landkreis Harz) erkochte sich erstmals 14 Punkte und überzeugte die Gaumen der Tester durch Leckereien wie Lammrücken mit Birnen-Avocado-Salat und Muffins mit Rosmarin und Tomaten. Allüren sind dem erst 29 Jahre alten Küchenchef jedoch fremd - er setzt auf frische Zutaten aus der Region und will Kinder und Jugendliche wieder für das Kochen begeistern.

"Entscheidend für eine gute Küche sind Interesse und Lust am Kochen", ist Christian Meierding-Schmidts Überzeugung. Er und Hoteldirektor Matthias Meyer freuen sich über die Auszeichnung im "Gault Millau": "Das ist eine tolle Sache." Wichtiger seien aber die Stammkunden, die zu Geschäftsessen kommen, die Kaffeegäste und auch der Wanderer, der zur Pause einkehre. "Unser Einkommen sichert nicht der Gourmet, der einmal monatlich hier speist", sagt Matthias Meyer. Die Küche des "Rudolfo" schultert auch das Alltagsgeschäft, bekocht die Hotelgäste und sorgt nachmittags für Kaffee und Kuchen. "Wir wollen für alle Gäste immer gleich gut kochen", formuliert Christian Meierding-Schmidt seinen Anspruch.

Er ist waschechter Harzer, kommt aus der Nähe von Quedlinburg und lernte sein Handwerk in Wolfsburg. Danach zog es Meierding-Schmidt zurück in die Heimat, er kochte drei Jahre im einzigen Sterne-Restaurant des Landes, der ebenfalls in Ilsenburg geheimateten "Forellenstube". Seit fünf Jahren ist Christian Meierding-Schmidt nun bereits Küchenchef des "Rudolfo" und kocht nach dem Prinzip, mit den besten Arbeitsbedingungen und frischen Zutaten aus der Region etwas Besonderes auf Tisch und Teller zu zaubern. Selbst gebackenes Brot und Kuchen sind für ihn selbstverständlich, dazu acht eigene Marmeladen und selbstgemachtes Eis. Monatlich wechselt die jahreszeitlich geprägte Karte, die er gemeinsam mit seinem Team aus sechs Köchen und drei Azubis entwickelt. "Wir achten darauf, den Eigengeschmack der Zutaten zu erhalten, würzen nur mit frischen Kräutern", erklärt Christian Meierding-Schmidt, der selbst gerne Fisch und Fleisch isst und lieber althergebrachte Gerichte wie Steckrübeneintopf oder Rinderroulade auf die Karte hebt, als Trends wie der Molekularküche hinterherzulaufen.

Sein Bewusstsein für gutes, hausgemachtes Essen will Meierding-Schmidt auch Kindern und Jugendlichen vermitteln. So bietet er an der Goetheschule in Ilsenburg alle zwei Wochen eine Koch-AG an, wo die Schüler grundlegende Handgriffe in der Küche vom Tischdecken über das Auslösen von Fisch bis zum Kochen einer eigenen Tomatensauce lernen. "Jugendliche wissen nicht mehr, wie man kocht. Viele Eltern schaffen es aufgrund der Arbeit nicht, und oft fehlen bereits die Großeltern, die ihr Wissen früher weitergaben", sagt der 29-Jährige. Ganz uneigennützig ist sein Engagement nicht: In der Kochbranche fehlt Nachwuchs, und der eine oder andere AG-Teilnehmer gehört mittlerweile zum "Rudolfo"-Team.

Erkocht sich Christian Meierding-Schmidt bald den ersten Stein? "Nein, das möchte ich nicht. Das schreckt normale Gäste ab und hat mit uns nichts mehr zu tun", sagt er. Das "Rudolfo" wolle sich nicht verbiegen lassen, sondern Hotelrestaurant für jedermann bleiben.