Brandsätze fliegen gegen Polizeistation in Dessau
Unbekannte haben am Mittwochmorgen versucht, vermutlich mit Molotowcocktails die Polizeistation in Dessau in Brand zu setzen. Das Innenministerium spricht von "hoher krimineller Energie".
Dessau (dpa) l Der Leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann sagte gestern, es gebe "noch keinen konkreten Verdacht". Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), der sofort zum Tatort geeilt war, äußerte die Vermutung, dass es sich um Täter aus der linksautonomen Szene handeln könnte.
Erst am vergangenen Sonnabend hatten vermutlich Linksextreme am Rande einer Demonstration gegen Rechts in Magdeburg eine Betonplatte auf Polizisten geworfen und schwere Verletzungen in Kauf genommen.
Die Brandstifter in Dessau haben gestern gegen 2.15 Uhr einen oder mehrere Molotowcocktails auf die Tür eines Seiteneingangs des Polizeireviers geschleudert. Daneben sollen sie den Spruch "Oury Jalloh - Das war Mord" an die Hauswand geschmiert haben. Die Täter hätten auch sogenannte Krähenfüße, mit denen Fahrzeugreifen zerstochen werden können, vor der Ausfahrt des Reviers verstreut, teilte der Referatsleiter Polizei im Innenministerium, Karl-Heinz Willberg, mit. Er schloss nicht aus, dass die Situation in Dessau sich weiter zuspitzt und kündigte den Einsatz von verdeckten Ermittlern an. Die Tat steht möglicherweise in Zusammenhang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Teilnehmern an der diesjährigen Gedenk-Demons-tration zum Tod von Oury Jalloh am 7. Januar 2005. Der Afrikaner war an diesem Tag in einer Gewahrsamszelle der Polizei bei einem Feuer ums Leben gekommen. Gegenwärtig muss sich vor dem Landgericht Magdeburg ein Polizist verantworten, der damals Dienstgruppenleiter tätig war. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, nicht schnell genug auf die Signale des Feuermelders in der Zelle reagiert zu haben. In einem ersten Prozess war der Polizist freigesprochen worden.
Seit dem Tod des Asylbewerbers Jalloh werden jährlich Gedenkveranstaltungen abgehalten. In diesem Jahr beschlagnahmten Polizisten Plakate mit der Aufschrift "Oury Jalloh - das war Mord". Dabei sind Demons-tranten verletzt worden.
Stahlknecht, der die Polizei wegen dieses Einsatzes kritisiert hatte, sagte mit Blick auf den Brandanschlag gestern in Dessau: "Wir reden immer darüber, dass Polizei nicht provozieren soll, auch die andere Seite sollte das nicht tun." Er verwies auf einen Fall, in dem im Internet Name und Bild eines Polizisten mit dem Hinweis "wanted" (gesucht) veröffentlicht wurde. "Das ist ein unsäglicher Umstand."
Der jüngste Polizeieinsatz auf der Gedenk-Demo sei Ausgangspunkt für Emotionen, böte aber keinerlei Rechtfertigung für solche Übergriffe, sagte Bittmann. Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh kritisierte, dass sie vorschnell mit dem Brand in Verbindung gebracht werde. Auch die Linksfraktion im Landtag mahnte, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen.