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Brandstiftung „Vergnügen am Feuer“ - Halle und Harz beim Zündeln in Sachsen-Anhalt ganz vorn

Sechsmal am Tag wird irgendwo in Sachsen-Anhalt ein Feuer gelegt. Die Stadt Halle und der Harz sind besonders betroffen. Mit 1035 vorsätzlichen Brandstiftungen und Sachbeschädigungen durch Feuer im 1. Halbjahr hat Sachsen-Anhalt wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht.

Von Matthias Fricke 07.08.2022, 17:33
Im ersten Halbjahr dieses Jahres registrierte das Landeskriminalamt (LKA) 1035 Fälle von Brandtsiftung in Sachsen-Anhalt.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres registrierte das Landeskriminalamt (LKA) 1035 Fälle von Brandtsiftung in Sachsen-Anhalt. Tom Wunderlich

Magdeburg - Als vor einigen Tagen die Feuerwehr zu einem Brand in Osterwieck im Landkreis Harz ausrückt, kommt ihnen ein Mann mit nacktem Oberkörper auf einem Moped Simson entgegen.

Im Hintergrund schlagen bereits die Flammen des Weizenfeldes hoch. Weil Verdacht auf Brandstiftung vorliegt, sucht die Polizei nun nach dem Mann. „Er könnte zumindest als Zeuge infrage kommen“, sagt Kriminalrätin Nadine Sünnemann aus dem Harz. Nur Stunden später geht in Ballenstedt ein kleines Waldstück in Flammen auf. Unbekannte hatten dazu einen großen Lkw-Reifen in Brand gesetzt. Mit solchen Vorfällen hat die Polizei im Harz inzwischen täglich zu tun.

„Solche Brände sind aktuell bei uns ein Problem. Im Bereich Ballenstedt und Rieder gab es eine Häufung. Da prüfen wir die Zusammenhänge, ob eine Serie vorliegt“, sagt der Harzer Brandursachenermittler Christoph Heicke. Und nicht nur dort: Vorsätzliche Brandstiftungen (z.B. Wohnungen, Wälder und Häuser) und Sachbeschädigungen durch Feuer (Mülltonnen oder Holzstapel) nehmen landesweit nach dem Corona-Lockdown im vergangenen Jahr (1547 Fälle) offensichtlich wieder zu.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres registrierte das Landeskriminalamt (LKA) 1035 Fälle. Das sind bereits zwei Drittel des gesamten Vorjahres. Noch 2020 gab es mit 1924 solcher Fälle einen Rekord. LKA-Sprecher Michael Klocke: „Durch den Lockdown im vergangenen Jahr fehlte offensichtlich die Tatgelegenheit zum Zündeln.“

Viele Menschen waren demnach zu Hause. Ähnlich sieht es auch Peter Meißner vom Bund Deutscher Kriminalbeamter: „Jetzt sind die Menschen wieder mehr draußen. Die Hitze und Trockenheit kommt sicher dazu.“ Am häufigsten wurde nach einer vorläufigen LKA-Auswertung in den ersten sechs Monaten dieses Jahres in Halle (228 Fälle) und im Landkreis Harz (101) gezündelt.

Es folgen der Landkreis Anhalt-Bitterfeld (89) und der Salzlandkreis (85). Die wenigsten Fälle gab es im Jerichower Land (23). Nur jede dritte Tat im Land kann bei den Brandstiftungen aufgeklärt werden. Noch schlechter sieht es bei den Sachbeschädigungen durch Feuer aus. Hier ist es jede fünfte Tat. LKA-Sprecher Klocke: „Die Ursache lässt sich oft nur durch Ausschlussprinzip ermitteln.“ Das nennt auch der Harzer Ermittler Heicke als Problem: „Wenn wir am Tatort ankommen, sind die meisten Spuren entweder durch das Feuer und spätestens vom Löschwasser zerstört.“

Häufigste Motive seien „Vergnügen am Feuer“, Rache oder wirtschaftliche Interessen (Versicherungsbetrug). Fast 90 Prozent der Brandstifter sind männlich, die im Erwachsenenalter.