1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Sachsen-Anhalts anerkanntes Kulturerbe

Brauchtum Sachsen-Anhalts anerkanntes Kulturerbe

Die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes umfasst derzeit 79 Traditionen, fünf davon kommen aus Sachsen-Anhalt.

26.06.2018, 08:51

Magdeburg l Ob Musik, Tanz, Theater, Feste, Bräuche oder Handwerkskünste – immaterielles Kulturerbe ist in ganz Deutschland lebendig. „Das regionale Brauchtum ist Ausdruck von Kreativität, vermittelt Kontinuität und Identität, prägt das gesellschaftliche Zusammenleben und leistet einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung vor Ort“, begründet die Deutsche Unesco-Kommission, warum sie sich explizit auch für die Erhaltung und Entwicklung des immateriellen Kulturerbes stark macht.

Auch in Sachsen-Anhalt werden vielerorts Bräuche, Feste und handwerkliche Traditionen gehegt und gepflegt. Nach einem mehrstufigen Verfahren haben es bislang fünf auf die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes geschafft:

Das Schachspiel ist eine jahrhundertealte Kulturtradition, die im Schachdorf Ströbeck bei Halberstadt auf einzigartige und vielfältige Weise gelebt wird. Einer Legende nach erlagen die Ströbecker bereits im Jahr 1011 der Schachmanie. Erst im 19. Jahrhundert öffneten sie sich internationalen Regeln. Bis dahin und darüber hinaus wurde im Dorf nach mittelalterlichen Schachregeln gespielt.

Seit 1823 ist Schach Pflichtfach an Ströbecks Grundschule. Es werden Kongresse und regionale, nationale wie internationale Schachturniere veranstaltet. Bekannt ist dabei insbesondere das seit 1960 vom Schachverein organisierte Mai-Turnier, an dem jährlich etwa 200 Spieler teilnehmen.

Eine Ströbecker Attraktion ist zudem das „Lebendschach“, ein bereits 1688 eingeführtes Spiel mit lebendigen Figuren, bei dem ein Ensemble einstudierte und freie Partien, Schachtänze und Rezitationen zeigt. 2007 wurde eine Tradition wiederbelebt, nach der ein Bräutigam gegen den Bürgermeister Schach spielen muss. Geht er als Sieger hervor, gewinnt er seine Braut, verliert er, muss er ein Strafgeld in die Gemeindekasse zahlen.

Mit dem Finkenwettstreit in acht Orten des Harzes haben sich Teile eines traditionellen Frühlingskomplexes erhalten, das ursprünglich über Mitteleuropa weit verbreitet war. Das Finkenmanöver enthält zwei Wettkampfdisziplinen: die Schönheitsklasse und die Kampfklasse. Die Kampfklasse besteht aus der Starkklasse und dem Distanzsingen. Sieger in der Starkklasse ist der Fink, welcher im „Finale“ die meisten Schläge in den fünf Minuten gesungen hat. Erster im Distanzsingen ist der Buchfink mit den meisten Gesängen in dreißig Minuten. Beschreibungen einzelner Aspekte der Tradition gehen bis in das 15. Jahrhundert zurück.

 Die Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle blickt auf eine über 1000 Jahre alte Tradition des Salzsiedens zurück. Organisiert sind die Salzwirker nachweislich seit 1491 in einer eigenen Brüderschaft. Diese Brüderschaft, deren Mitglieder „Halloren“ genannt werden, gibt es nur in Halle an der Saale. Das Salzsieden als ehemalige Erwerbsquelle der Halloren stellt auch heute noch die Grundlage des Brüderschaftslebens dar. Sie produzieren nach wie vor Salz nach dem historischen Pfannenverfahren.

 Wie die Sperguer Lichtmeß wurde auch der „Pfingsttanz“ erst im März dieses Jahres in das Register guter Praxisbeispiele der deutschen Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Zwar unterscheiden sich die Veranstaltungsabläufe der einzelnen Pfingstgesellschaften in der Verbandsgemeinde Mansfelder Grund-Helbra, im Kern jedoch haben alle den Hintergrund der Vertreibung des Winters und des Herbeisehnens des Frühlings als „fruchtbringende Zeit“.

Für die Unesco-Kommission zeigen die Pfingstvereine diese Winter-Vertreibung modellhaft „wie ein gemeinsamer, generationsübergreifender Brauch zu intensiver Zusammenarbeit zwischen Kommunen führen kann“.

Aktuell buhlen aus der Region das Birkenblattblasen sowie der „Grasedanz“ um die Aufnahme in die nationale Liste. Das Birkenblattblasen ist eine Tradition von Schäfern im Harz, die auf diese Weise musizieren. Das verwendete Birkenblatt ist kein Laub der Birke, wie der Name vermuten ließe, sondern ein Stück aus der Birkenrinde, von dem die äußeren Schichten so lange abgeschält werden, bis ein hauchdünnes „Blatt“ eines Rindenbasts übrigbleibt. Der Spieler stellt sich sein Instrument im Allgemeinen selbst her. Die Klangfarbe ähnelt jener der Oboe oder ist noch schärfer.

Auch der „Grasedanz“ hat eine lange Geschichte: Seit 1885 wird in Hüttenrode anlässlich des Endes der Heuernte am ersten August-Sonntag gefeiert, bei dem die „Grasekönigin“ und die kleine „Heuprinzessin“ gewählt werden. Zum ausschließlich von Frauen begrundeten Brauchtumsfest gehören auch der „ Galopp-Tanz“ im Ringelreihen um die Heuhaufen herum sowie ein Umzug.